Südanflüge wieder auf dem Tisch
Bund und Kanton Zürich raufen sich zusammen. Sie versuchen gemeinsam, den Flughafen vor dem Schaden zu bewahren, der ihm durch die deutsche Fluglärm-Verfügung droht.
Von Richard Aschinger, Bern
Bestätigt wird nichts. Aber die Signale sind klar. Hinter den Kulissen läuft in Bern und Zürich eine Rettungsaktion an. In den nächsten Wochen will man mit allen Mitteln versuchen, die nach der Ablehnung des Staatsvertrags im Ständerat von Deutschland angeordneten Anflugsbeschränkungen nicht wie angekündigt am 10. Juli in Kraft treten zu lassen.
Alle Verantwortlichen haben jetzt erkannt, dass die Verfügung für den Flughafen und die Swiss katastrophale Folgen hätte. Die meisten Beschränkungen waren seit langem angekündigt. In der definitiven Formulierung verfügte Deutschland aber zusätzlich ein restriktives Regime für Ausnahmebewilligungen. In Abend- und frühen Morgenstunden dürfen Jets nur noch dann von Norden anfliegen, wenn meteorologische Bedingungen einen anderen Anflug absolut ausschliessen. Interkontinentalflüge mit Grossraumflugzeugen könnten zu gewissen Zeiten in Zürich gar nicht mehr landen und müssten nach Basel umgeleitet werden. Das hätte für die Swiss verheerende Folgen.
Ledergerber auf Kompromisskurs
Die Rettungsaktion läuft auf zwei Schienen: Mit juristischen Klagen soll mindestens eine Aufschiebung der Verfügung erreicht werden. Der Bundesrat wird demnächst beschliessen, an die EU-Kommission zu gelangen. Der Flughafen und die Swiss fechten die neue Verfügung vor dem Verwaltungsgericht Mannheim an.
Besonders anspruchsvoll wird der Versuch, auf politischer Ebene mit allen vom Fluglärm Betroffenen in kurzer Zeit einen temporären Kompromiss zu finden. Offenbar hat sich Verkehrsminister Moritz Leuenberger mit seiner Ansicht durchgesetzt, dass in der jetzigen Situation jede Kraftmeierei kontraproduktiv wirkt. An der Swiss-Generalversammlung war zu vernehmen, der Kampfruf des Zürcher Stadtpräsidenten Elmar Ledergerber in der Sonntagspresse für Härte gegenüber Deutschland stosse bei der Swiss und beim Flughafen nicht auf positives Echo.
Um einen Kompromiss zu ermöglichen, sollen offenbar in den deutschen Sperrzeiten für Nordanflüge Flugzeuge von Süden her landen können. In Deutschland und in Nachbarkantonen gilt die bisherige Weigerung der Zürcher, auch über den Zolliker- und Zürichberg landen zu lassen, als Affront. Am Wochenende hatte Ledergerber Südanflüge noch als «politisch nicht realisierbar» bezeichnet. In einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» relativiert er jetzt dieses kategorische Nein. Das deutet darauf hin, dass sich hinter den Kulissen etwas bewegt.