Die Zahl der von Fluglärm stark betroffenen Anwohner sinkt. So vermeldet es der Regierungsrat im Zürcher Fluglärm Index (ZFI) 2018. Vor allem tagsüber seien weniger Menschen betroffen, die Zahl sinkt von 65 507 auf 60 347. Nachts steigt die Zahl hingegen von 24 968 auf 25 124.
Dass insgesamt weniger Menschen betroffen sind, liegt vor allem an den leiser gewordenen Flugzeugen. Die Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa hat die leiseren Flieger zum ersten Mal überhaupt berücksichtigt. Wären diese schon 2017 ein Faktor gewesen, wäre die Zahl der Betroffenen weiter gestiegen.
Mehr Selbstkritik
In der Region wird die eigentlich positive Meldung mit Skepsis aufgenommen. Die Anzahl Flüge habe weiter zugenommen, schreibt das Fluglärmforum Süd, das die Gemeinden im Süden des Flughafens repräsentiert. Präsident Jürg Eberhard (FDP) findet, es sei mehr Selbstkritik angebracht. Zwar sei Zürich ein Vorzeigeflughafen, doch «unbestritten ist auch, dass die Belastung der Bevölkerung aufgrund von unnötigen Nachtstarts und Verspätungen bei den Landungen weiter steigt», sagt der Gemeindepräsident von Zumikon. Er ärgert sich darüber, dass bei Kanton und Flughafen kein Umdenken stattfinde.
Das Fluglärmforum Süd fordert die Verantwortlichen auf, dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Die Nachtruhe etwa werde nicht genügend eingehalten. Dabei seien Wohnqualität und Gesundheitsschutz wichtige Faktoren für eine attraktive Region.
Zumikon ist die verhältnismässig am stärksten betroffene Gemeinde im Bezirk Meilen. Gemäss ZFI sind hier zwischen einem 1 und 4,5 Prozent der Bevölkerung im Schlaf stark gestört. Ob die Zahl näher bei einem oder vier Prozent liegt, lässt der Bericht offen. In Meilen, Herrliberg, Küsnacht und Zollikon sind es weniger als ein Prozent. Im Bezirk Horgen und den restlichen Gemeinden im Bezirk Meilen verzeichnet der ZFI keine stark betroffenen Menschen. In der Nacht gehen 23 Prozent der Anflüge über den Süden, tagsüber sind es 8,5 Prozent.
Kein Schönreden möglich
Auch Markus Ernst (FDP), Gemeindepräsident von Küsnacht, ist vom Bericht nicht überzeugt. Nur die Methode wechseln, sei eine spezielle Art, die Statistik zu führen. So seien die Jahre nicht vergleichbar. Der Bericht zeige auch so nicht nur Positives. «In der Nacht lässt sich offenbar nichts schönreden», sagt Ernst mit Verweis auf die Zahlen.
Deutliche Worte findet die Stiftung gegen Fluglärm. In einer Mitteilung bezeichnet sie den Index als «dreistes Ablenkungsmanöver». Die Psyche der Bevölkerung solle beruhigt werden. Adolf Spörri, Präsident der Stiftung, betont den Richtwert von 47000 Personen, den der Regierungsrat eigentlich als Ziel ausgegeben hat.
Er sei tief enttäuscht, dass die Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) die Probleme der über 60 000 Lärmgeplagten eisern ignoriere, sagt Spörri. Die Regierungsrätin sei als Verwaltungsratsmitglied der Flughafen Zürich AG an einem «massiven Ausbau» des Flughafens interessiert. Er sieht das Problem auch darin, dass die Bevölkerung immer mehr fliegt.