Vor bald fünfzehn Jahren ist in Dübendorf der letzte Kampfjet abgehoben. Seither ist es ruhiger geworden am Flugplatz. Der Bund nutzt ihn nur gering für die Luftwaffe, auch die Rega hat dort eine Basis. Um die zukünftige Nutzung des rund 2,5 Quadratkilometer grossen Areals ist lange gerungen worden. Vor fünf Jahren entschied der Bund als Arealeigentümer schliesslich, dass ein Teil des Platzes auch künftig für die Fliegerei zur Verfügung steht – mehrheitlich allerdings nicht mehr für die militärische, sondern die Zivilaviatik. Den Zuschlag für den Betrieb hat der Bund der Flugplatz Dübendorf AG (FDAG) erteilt. Sie plant, den Flugplatz mit Partnern für Klein- und Geschäftsfliegerei zu nutzen. Die Aktiengesellschaft wollte 2024 mit dem Betrieb starten.
Bund: Kloten nicht benachteiligen
Ob diese Pläne je Realität werden, scheint nun aber plötzlich fraglich. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) hat am Donnerstag eine Bombe platzen lassen.
Es gebe ungelöste Sicherheitsfragen, heisst es sinngemäss in einem Communiqué des Uvek. Luftfahrtexperten des Bundes hätten bis jetzt keine Lösung gefunden, wie sich der Betrieb in Dübendorf so koordinieren lasse, dass der Flugverkehr in Zürich-Kloten nicht eingeschränkt werden müsse. «Eine Reduktion der Kapazitäten beim Flughafen Zürich zugunsten von Dübendorf ist keine Option», betont das Uvek bereits.
Zudem hat das Uvek offenbar juristischen Details zu wenig Beachtung geschenkt. Es könnte nämlich sein, dass für den Geschäftsfliegerei-Betrieb Anwohner enteignet werden müssten. Sie müssten die tiefen Überflüge nicht dulden, sondern könnten sich rechtlich dagegen wehren. Für die Enteignungen fehlt der FDAG bisher aber die nötige Konzession. Hier gibt es einen weiteren Stolperstein. Starte das Konzessionsverfahren erst nach dem 1. Januar 2021, sei davon auszugehen, dass das ganze Projekt neu ausgeschrieben werden müsse, schreibt das Uvek weiter. Der Bund will sich nun mit den Verantwortlichen vom Kanton zusammensetzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Auf demselben Areal soll auch ein Innovationspark entstehen. Dieser sei von den Schwierigkeiten nicht tangiert, er könne wie geplant vorangetrieben werden.
Betreiberin gibt sich kämpferisch
Obwohl der Kanton und die mögliche Flugplatzbetreiberin vorinformiert worden sind, haben sie öffentlich Kritik geübt. Ihre Stellungnahmen erfolgten am Donnerstag prompt. Derart grundlegende Fragen so spät zu prüfen, sei kritikwürdig, schreibt die Zürcher Regierung in einer Mitteilung. Man erwarte nun, dass das Uvek die neue Ausgangslage sorgfältig analysiere, bevor man weitere Entscheide treffe.
Nicht erfreut ist auch die potenzielle Betreiberfirma, die FDAG. Man habe bereits mehrere Millionen Franken in das Projekt investiert, schreibt das Unternehmen. Gewisse Aussagen des Uvek, etwa jene zu den Enteignungen, seien irreführend. Der Bund müsse seiner vertraglich zugesicherten Mitwirkungspflicht nun nachkommen.
Befremdet zeigt sich auch die SVP des Kantons Zürich: Die FDAG sei allen ihren Verpflichtungen nachgekommen, teilt die Partei mit. Der Bund müsse nun das Konzessionsverfahren wie vertraglich verpflichtet vorantreiben und eine mögliche Neuausschreibung nach 2021 verhindern. Auch die SVP erachtet das Argument, dass wegen der tiefen Flughöhe Eigentumsrechte beschränkt werden müssten, als falsch. Die Anflugverfahren der Luftwaffe seien etabliert und entsprächen der geplanten Nutzung der FDAG.
Gleichzeitig bringen sich auch die langjährigen Gegner der Geschäftsfliegerei in Stellung und lancieren alternative Ideen, was man mit der schönen grossen Fläche sonst noch alles anstellen könnte. Die Grüne Partei des Kantons Zürich fordert ultimativ einen «Abbruch der Übung». Bei der bisherigen Planung sei zu viel gepfuscht worden, ein Flugbetrieb zu lärmig und zu komplex. Der Flugplatz Dübendorf sei die grösste Magerwiese im Kanton Zürich, diese solle daher «dem gefiederten Flugverkehr von Grauammer, Turmfalke und Co. überlassen werden». Einzig die Rega solle weiter von Dübendorf aus fliegen dürfen.
Die Gegner vor Ort sind zufrieden
Die drei Standortgemeinden – Dübendorf, Volketswil und Wangen-Brüttisellen – nehmen den Marschhalt «grundsätzlich positiv» auf. Man werde weiterhin die berechtigten Interessen der Bevölkerung in die Planung einbringen. Die Gemeinden wehren sich seit Jahren gegen Business-Jets am Dübendorfer Flughafen, weil sie mehr Flugbewegungen und somit deutlich mehr Lärm befürchten. Weil die Zukunft des Flughafenareals aber Bundessache ist, konnten sie meist nur symbolischen Widerstand leisten.
Jean-Philippe Pinto (cvp.), der Gemeindepräsident von Volketswil, sagt, die Mitteilung enthalte viele Punkte, auf die man regelmässig hingewiesen habe, bei Kanton und Bund bisher aber auf wenig Echo gestossen sei. So habe man während des ganzen SIL-Prozesses bemängelt, dass darin erst die Parameter hätten festgelegt werden müssen, bevor man die Ausschreibung an die Hand nimmt.
Man werde nun zunächst das Gutachten des Bundesamts für Justiz einfordern und analysieren, sagt Pinto, begrüsse aber, dass der Koordinationsbedarf mit dem Flughafen Zürich vertieft analysiert werde.
Pinto bringt nun nochmals das Konzept «historischer Flugplatz mit Werkflügen» ins Spiel, welches die Gemeinden Dübendorf, Wangen-Brüttisellen und Volketswil selbst erarbeitet hatten und das von der Bevölkerung der drei Gemeinden Ende 2017 an der Urne angenommen wurde. Das Votum hatte nur Signalcharakter, rechtlich gesehen hatte es keinen Einfluss auf die Pläne und die Führungsrolle des Bundes. Die Gemeinden hätten in dem Konzept selber einen (deutlich reduzierten) Betrieb organisiert und dafür sogar eigene Mittel aufgewendet. «Wir sind der Ansicht, dass dieses Konzept genau das aufnimmt, was jetzt Probleme bereitet.» Weil viel weniger Flüge anfielen, sei zum Beispiel der Koordinationsbedarf mit Kloten sicher geringer.
Auch die politische Grosswetterlage – die «grüne Welle» im Bund und im Kanton – komme den Gemeinden und ihrer Kompromisslösung nun sicher entgegen, sagt Jean-Philippe Pinto. Vom Kanton erhoffe man sich nun mehr Offenheit. «Wir sind aber nicht grundsätzlich gegen die Fliegerei und können mit dem jetzigen Stand, mit Flügen von Rega und Militär, gut leben.»
Den Gemeinden spielt die Verzögerung natürlich in die Karten. Pinto sagte bereits vor zwei Jahren, dass die Zeit für die Gemeinden arbeite, da sie gut mit dem Status Quo leben könnten, im Unterschied zum privaten Betreiber. «Das können sie eins zu eins wieder so schreiben», sagt er heute.