Basel-Mülhausen: Trennung zwischen Schweizer und französischen Fluggesellschaften
Im internationalen Flughafen Basel-Mülhausen trennen sich darum die Wege:
Passagiere, welche in Frankreich homologierte Fluggesellschaften besteigen (Absender MLH), zahlen pro Ticket eine Abgabe in Höhe von 1.13 bis 44 Euro, je nachdem in welcher Klasse und wie weit sie fliegen. Die Abgabe kommt seit 2006 den Entwicklungsländern zugute. Soeben hat Frankreich eine zusätzliche Ökoabgabe in Höhe von 1.15 bis 18 Euro ab 2020 beschlossen, je nachdem in welcher Klasse und wie weit man fliegt [beim Verbreiten dieser Nachricht informierte die Tagesschau am 10. Juni nicht darüber, dass Frankreich im Unterschied zur Schweiz bereits seit langem eine andere Ticketabgabe eingeführt hat.]
Passagiere dagegen, welche bei Fluggesellschaften unter Schweizer Recht einchecken (Absender BSL), sind von beiden dieser bescheidenen Abgaben ganz befreit.
Dazu kommt: Flugbenzin wird nicht – etwa wie Autobenzin – besteuert und Flugtickets sind weltweit von der Mehrwertsteuer befreit. Das ist eine anachronistische Subventionierung, und sie betrifft ausgerechnet jenes Verkehrsmittel, das die Umwelt mit Abstand am meisten belastet.Trotzdem wird der Luftverkehr im Klimaabkommen von Paris nicht mit einer einzigen Silbe erwähnt. Das Benzin für Auslandflüge von der Schweiz aus hat heute einen Anteil von 18 Prozent an den Treibhausemissionen der Schweiz.
Wichtige Länder Europas erheben – wie das bereits erwähnte Frankreich – wenigstens eine bescheidene Abgabe auf jedem Flugticket. Die Einnahmen werden meistens für einen bestimmten Zweck verwendet. Den Vorwurf, bei der Flugticket-Abgabe handle es sich um eine zusätzliche Steuer, könnte man entkräften, wenn man die Einnahmen aus der Abgabe an alle Bürgerinnen und Bürger des Landes zurückzahlte. Die Einführung einer entsprechenden «Lenkungsabgabe» in der Schweiz, welche die Grünen und die SP schon seit Jahrzehnten fordern, wird unter dem Druck der jugendlichen Klimastreiks jetzt auch von der FDP grundsätzlich unterstützt.
Noch im Dezember 2018 hatten FDP und SVP im Parlament einen Vorschlag abgeschmettert, wonach jeder Passagier zukünftig zwischen 12 und 50 Franken CO2-Kompensation pro Flugticket zu bezahlen hätte, was etwa dem Durchschnitt der umliegenden Länder entspräche. Seit dem Meinungsumschwung innerhalb der FDP soll jetzt ein neuer Anlauf genommen werden.
Doch gegen diese Anpassung an die Nachbarstaaten opponiert jetzt die Fluglobby, allen voran der Swiss/Lufthansa-Konzern. Diese Lobby versucht jetzt erneut, Politiker und Medien von diesem Vorhaben abzubringen. Hauptargument: Die Schweiz dürfe eine solche Ticketabgabe «nicht im Alleingang» einführen, weil sie sonst im Wettbewerb benachteiligt sei. Swiss/Lufthansa-Sprecherin Meike Fuhlrott sagte gegenüber der NZZ am Sonntag vom 30. Juni: «Nationale und regionale Ansätze sind weder für das Klima noch für die Wirtschaft sinnvoll.» Sollte die Schweiz eine solche Abgabe einführen, würden die Leute auf Flughäfen im Ausland ausweichen, was zu Zusatzverkehr führe. Zudem würde die Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Airlines geschwächt. Swiss-CEO Thomas Klühr droht sogar mit dem Streichen von Interkontinentalflügen aus der Schweiz (siehe Bild der AZ-Medien}.
Das Märchen vom Alleingang verbreiteten auch andere grosse Medien. Tamedia-Redaktor Edgar Schuler schrieb im Tages-Anzeiger, Bund und in der Berner Zeitung, man solle «besser bei den Fakten» bleiben: «Ob die Schweiz im Alleingang eine [Lenkungsabgabe] einführen soll, sich selber damit einseitig wirtschaftlich schadet ... das darf diskutiert werden – in ruhigem Ton, kühl und ohne Verunglimpfung.» Aber offensichtlich mit Unwahrheiten.
Auf den Einwand von Infosperber, dass er mit seinem Kommentar den falschen Eindruck wecke, dass andere Länder Europas keine Lenkungsabgabe oder Steuern auf Flugtickets kennen, antwortete Tamedia-Redaktor Schuler nicht.
Auch NZZ-Redaktor Werner Enz übernahm die falsche Behauptung von der Swiss, es handle sich um einen «Alleingang». Er schrieb: «Solange Frankreich und Italien von solchen Steuern absehen, würde eine ins Gewicht fallende Schweizer Ticketabgabe dazu animieren, Flugreisen ab Basel-Mülhausen, Lyon oder Mailand anzutreten.» Sein Titel lautete «Eine nationale Abgabe auf Flugtickets bringt der Umwelt wenig». Die Frage von Infosperber, wie er auf diese Fehlinformation komme, beantwortete der NZZ-Redaktor ebenfalls nicht.
Swiss verweigert Informationen über Ticketabgaben im Ausland
Wenn die Swiss/Lufthansa verbreitet, die Schweiz plane einen «Alleingang», muss sie über die Situation in andern europäischen Ländern informiert sein. Deshalb bat Infosperber Swiss-Sprecherin Meike Fuhlrott um eine Aufstellung, welche Länder gegenwärtig Ticketabgaben oder Ticketsteuern in welcher Höhe erheben. Lapidare Antwort der Swiss: «Ich bitte Sie höflich, dies selbst zu recherchieren, eine solche Aufstellung liegt uns nicht vor.»
Die Swiss lehne nicht nur eine Schweizer Ticketabgabe ab, sondern auch eine europaweite. Für eine Ticketabgabe oder die Erhebung der Mehrwertsteuer setze sich die Fluggesellschaft nur ein, «falls sie global eingeführt werden». Im Klartext: nie.
Dafür wirbt die Swiss/Lufthansa bei Medien, Parlamentarieren und Regierungen für das Projekt CORSIA der internationalen Flugverkehrslobby, das weder eine Steuer auf Flugbenzin noch auf Tickets vorsieht. Vielmehr soll das Wachstum des Flugverkehrs ab 2021 «CO2-neutral» erfolgen. Einige Regierungen und NGOs kritisieren die unzähligen Lücken und Unverbindlichkeiten der Versprechungen.