Die Airlines sehen sich mit einem neuen Phänomen konfrontiert: Flight Shame - Flugscham. Jahrelang blendeten die meisten Reisenden aus, welche Nebenwirkungen das Fliegen für die Umwelt hat. Doch das ändert sich gerade. Flugscham ist laut der «Sonntagszeitung» ein aufkommendes Phänomen, das zur ernsthaften Bedrohung für die wachsende Flugindustrie werden könnte. In Schweden schaffte es «Flygskam» im Jahr 2018 endgültig in den offiziellen Sprachgebrauch.
Auch in der Schweiz ist laut der «Sonntagszeitung» ein Wandel feststellbar. So zählt die Stiftung Myclimate immer mehr Passagiere, die von der Möglichkeit Gebrauch machen, CO2 finanziell zu kompensieren. «Seit Jahren steigt die Menge der kompensierten Flugemissionen an. Doch im vergangenen Jahr hat es einen richtigen Sprung gegeben», sagt Myclimate-Sprecher Kai Landwehr. Das Wachstum betrug fast 70 Prozent - auf 32’000 Tonnen. Und es geht ähnlich weiter. Im Januar 2019 hat es gegenüber Januar 2018 einen Anstieg von 200 Prozent gegeben, im Februar war es immerhin noch ein Plus von 70 Prozent.
Zwar hat die Klimakompensation alleine keine negative Auswirkungen für die Airlines. Trotzdem ist man in der Branche beunruhigt. «Wenn häufiges Fliegen wirklich zum Imageproblem wird, hätte das massive direkte und indirekte Auswirkungen auf die Airlinebranche», sagt der Schweizer Peter Baumgartner, Ex-Chef von Etihad Airways und heute strategischer Berater bei ihrer Muttergesellschaft. Es sei deshalb an der Industrie, überzeugende Antworten zu finden. «Denn die Alternative zu kluger Eigeninitiative ist verordnete Regulierung», so Baumgartner.
So macht sich langsam auch in der Branche selber ein Umdenken breit: «Ich finde es eigenartig, dass Kerosin nicht besteuert wird, und würde eine Diskussion darüber begrüssen», sagte Dieter Zümpel, Chef von DER Touristik Suisse, am vergangenen Donnerstag an einem Podium vor Schweizer Reisejournalisten. «Wir merken, dass es ein gesteigertes Interesse der Kunden am Thema Klimaschutz gibt. Darauf wollen wir uns als Airlinegruppe besser einstellen», betont Heike Birlenbach, die bei der Lufthansa-Gruppe für den Vertrieb zuständig. Das betreffe nicht nur Privatkunden. «Wir befinden uns auch mit Firmenkunden in Gesprächen», so Birlenbach. Diese hätten verstärkt den Wunsch, die CO2-Kompensation vertraglich festzuhalten. Noch befinde man sich aber in einem frühen Stadium der Gespräche.
Fluglärmstreit: Neuer deutscher Vorschlag
Im langjährigen Streit um das An- und Abflugregime am Flughafen Zürich bittet Deutschland die Schweiz zum Mediationsprozess. Wie die «NZZ am Sonntag» schreibt, wurde vom deutschen Verkehrsministerium Wolfang Schneiderhan, ein ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr und damit deren ranghöchster Soldat, für die Gespräche bestimmt.
Die Landräte der grenznahen Landkreise Waldshut, Konstanz und Schwarzwald-Baar reagieren erfreut auf den Entscheid. «Wir sind der festen Überzeugung, dass Schneiderhan den Prozess aufgrund seiner Persönlichkeit, seiner politischen und internationalen Erfahrungen erfolgreich moderieren wird», schreiben sie, und bekunden ihre Bereitschaft, den Fluglärmstreit «nach Jahrzehnten der Auseinandersetzung dauerhaft zu befrieden.
Deutschland erwartet, dass nun auch die Schweiz eine Person bestimmt, die mit General a. D. Schneiderhan das Gespräch aufnimmt. Doch Bern eilt es nicht. Die zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga lässt der «NZZ am Sonntag» über ihre Sprecherin mitteilen, der Bund werde «die nun an die Schweiz herangetragene neue Idee sorgfältig prüfen». Die Sprecherin weist darauf hin, dass mit dem Staatsvertrag von 2012 bereits eine Vereinbarung vorhanden sei.
Dies ist richtig: In der Schweiz hat das Parlament dieser auch zugestimmt. Nicht so aber Deutschland. In Berlin wurde das Abkommen auf Eis gelegt. Darum gilt noch immer die Verordnung, die Deutschland im Jahr 2003 erliess. Diese besagt, dass der Flughafen Zürich werktags zwischen 21 und 7 Uhr und an den Wochenenden zwischen 20 und 9 Uhr nicht über süddeutschem Gebiet angeflogen werden darf. Das macht den Betrieb des Flughafens kompliziert.
Sonderstatus für Bern-Belp und Lugano-Agno
Apropos Flugplätze: Die Flugplätze Bern und Lugano haben laut der «Sonntagszeitung» im Entwurf des neuen Sachplans Infrastruktur Luftfahrt eine bevorzugte Stellung erhalten. Anders als die übrigen neun regionalen Airports erscheinen sie in der neuen Kategorie «Regionalflughäfen mit Anbindungsfunktion» - weil sie eine Brücke von den «Sprach- und den grossstädtisch geprägten Handlungsräumen» zum internationalen Luftverkehr schlagen und deshalb ein besonderes öffentliches Interesse geniessen. Der Sachplan Infrastruktur Luftfahrt bestimmt wesentlich die Strategie des Bundes.
Die Flugplätze in Bern und Lugano machen schwierige Zeiten durch. Seit dem Grounding der im Tessin beheimateten Darwin Airlines und der Berner Skywork spitzt sich ihre Lage stetig zu: Laut der Statistik des Bundes starteten und landeten in Bern im vierten Quartal 2017 noch rund 300 Linien- und Chartermaschinen, 2018 waren es lediglich 68. Der Flughafen Bern hat seit dem Grounding von Skywork 16 der 68 Stellen gestrichen, die Angestellten leisten Kurzarbeit.
Im Tessin sieht es nicht besser aus. Dort sind die Flugbewegungen in den letzten drei Jahren um die Hälfte zurückgegangen. Laut Statistik verzeichnete Lugano-Agno 2016 rund 5200 Starts und Landungen von Charter- und Linienfliegern. Im vergangenen Jahr waren es gerade noch 2750. Zum zweiten Mal in Folge schreibt der Tessiner Flughafen einen Verlust von mehr als einer Million Franken.
Die Pläne des Bundes sorgen bei den anderen Airports für Unmut. Sie fürchten, dass diese Sonderstellung eine Umverteilung der Unterstützungsgelder nach sich zieht, die der Bund jährlich für die Flugsicherung leistet. «Es kann nicht angehen, dass auf dem Rücken von uns Kleineren gespart wird», wehrt sich Raphaël Boichat, Direktor des Flugplatzes von La Chaux-de-Fonds. Ähnlich klingt es in Grenchen, wo die Schweizer Armee sowie die Lufthansa-Gruppe und damit auch die Swiss ihre Piloten in die Ausbildung schicken.