Das Erfreuliche zuerst: Es ist keineswegs so, dass ein Frosch sitzen bleibt, wenn das Wasser in seinem Topf zum Sieden gebracht wird. Die Geschichte wird zwar häufig erzählt, sie ist aber ein Märchen. Jeder Biologe wird bestätigen: Selbstverständlich versucht ein solcher Frosch, dem Hitzetod zu entkommen.
Leider nur sind wir keine Frösche.
Erstmals breiter diskutiert wurde die menschengemachte Klimaerwärmung Ende der Sechzigerjahre in den USA. 1975 konnte man in der NZZ lesen: «Sicherlich wird der höhere CO2-Gehalt zu einer Verstärkung des Treibhauseffekts und damit zu einer Erhöhung der Oberflächentemperatur der Erde führen.» Vier Jahre später war in der gleichen Zeitung bereits von einer «ernst zu nehmenden Klimaveränderung» die Rede. Bloss, wie es in einem Artikel aus dem Jahr 1982 hiess: «Gleichgültig ist man gegenüber dem CO2-Problem.»
Im Augenblick lässt das Thema keinen kalt. Im ganzen Land legen sich sonnengebräunte Stirnen in Falten. Die Situation wirkt unfreiwillig komisch: Herr und Frau Schweizer sitzen in der Badi, geniessen das Wetter und sorgen sich wegen des Klimas.
39 Grad, das ist doch nicht normal!
2014, 2015, 2016, 2017 waren, global betrachtet, die vier wärmsten Jahre, die je gemessen wurden. 2018 spüren nun auch wir Schweizer, was Klimaerwärmung heisst: Im Bodensee muss man 200 Meter durch den Schlamm waten, um endlich schwimmen zu können. Wie fühlt sich da erst jemand in Pakistan, der schon im April bei 50 Grad schmoren muss? Ja, was isst dieser Pakistani überhaupt?
Und haben wir selber künftig genug zu essen?
In den letzten 50 Jahren ist natürlich nicht nichts passiert: Mehr als 500 internationale Verträge zum Schutz unserer Lebensbedingungen traten in Kraft. Erfolge beim Umweltschutz werden immer dann erzielt, wenn ein Problem unmittelbar greif- und lösbar ist. Insektizide, die Vögel gefährden, sind verboten. Unsere Flüsse hat man auf dem Gesetzesweg sauber gekriegt. Die Moore sind geschützt.
Die Klimaerwärmung jedoch ist eine komplexe Geschichte. Oft erscheint sie uns nur wie ein Spuk, sie zeigt sich mal in Asien, mal in Amerika, bald als Regenrekord, bald eben als Hitze. Anschliessend bleibt ihr Effekt für uns Europäer ein Weilchen verborgen, ehe sie umso schlimmer wieder zuschlägt. Machen wir uns nichts vor: Sobald die Temperatur wieder sinkt, kühlt sich unser Mitgefühl für den versengten Pakistani ab. Spätestens dann buchen wir den nächsten Städtetrip. Natürlich per Flugzeug.
Die Luftfahrt ist der beste Ausdruck für unsere Weigerung, den Klimawandel wirklich zu bremsen.
Wir alle wissen, wie schädlich Fliegen ist. Allein um abheben zu können, produzieren Jumbojets eine Tonne CO2. Jeder Start lässt das sommerliche Meereis um drei Quadratmeter schrumpfen.
Trotzdem wird das Fliegen staatlich gefördert. Flugtickets sind von der Mehrwertsteuer befreit. Auch zahlen Fluggesellschaften auf Kerosin keine Mineralölsteuer.
Diese Woche stand im BLICK: Die Swiss bietet einen Flug von Zürich nach Pristina für 41 Franken an. Etwa fürs gleiche Geld kommt ein Bahnfahrer von Zürich gerade mal bis nach Buchs SG.
Was ist der Unterschied zwischen Frosch und Mensch? Ersterer springt aus dem Topf mit dem heissen Wasser.
Wir warten ab und glauben, es werde jetzt gleich Tee serviert.