Ein Flughafen braucht Gestaltungsfreiheiten (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Passagierrekord des Flughafens Zürich im Jahr 2017 lässt die Frage aufkommen, ob die Weichen für die Zukunft richtig gestellt worden sind. Statt egoistischem Hickhack wegen des Fluglärms wäre eine etwas tolerantere Haltung hilfreich.

Es hat zehn Jahre in Anspruch genommen, um im Rahmen des Sachplans Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) die raumplanerischen Leitplanken so zu verankern, dass der Flughafen Zürich die Zusatznachfrage befriedigen kann. Der Bundesrat war mit anderen Worten nicht im Eilschritt unterwegs, und er hat fürwahr viel Rücksicht auf örtliche Befindlichkeiten genommen. Klar, der Flughafen Zürich muss in der Bevölkerung des Kantons den nötigen Rückhalt haben – und den hat er ja auch.

Das rasante Wachstum im abgelaufenen Jahr, nämlich ein Zuwachs von 6,3% auf 29,4 Mio. Passagiere, lässt aber von neuem die Frage aufkommen, ob jetzt das Nötige vorgekehrt ist. Es wird noch Jahre dauern, bis die Kapazität so stark erweitert ist, dass in Spitzenzeiten 70 statt der bisher maximal 66 Flugbewegungen je Stunde durchgeführt werden können. Flughafendirektor Stephan Widrig hat zwar dargelegt, die «Sättigungsgrenze» sei voraussichtlich im Jahr 2040 mit 50 Mio. Passagieren erreicht. Damit ist wohl angetönt, dass es neue Ideen – oder womöglich gar einen neuen Flughafen? – braucht, um in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts eine attraktive Anbindung der Schweiz an wichtige internationale Destinationen zu sichern.

Wenn es um Ferien oder eine Geschäftsreise geht, wird es in weiten Kreisen der Bevölkerung als selbstverständlich erachtet, ab Zürich fliegen zu können. In den nächsten Jahren werden voraussichtlich zahlreiche Babyboomer mit Ansprüchen in Rente gehen, auch solche aus dem südbadischen Raum. Und viele von ihnen brauchen einen Flug, um ihr zweites Zuhause anzupeilen.

Das oft egoistisch-kleinkariert anmutende Hickhack wegen Fluglärms sollte aus all diesen Gründen einer etwas toleranteren Haltung weichen. Es ist vor allem anzuerkennen, dass dank Innovationen im Flugzeugbau inzwischen viel leisere Maschinen eingesetzt werden. Der Flughafen Zürich hat jetzt schon die strengste Nachtflugregelung Europas.

NZZ, 02.03.2018




siehe auch: Toleranz für Südstarts? (Leserbriefe NZZ)