Würden Sie Volketswil mit seinen 20 000 Einwohnern als Wohngegend empfehlen?
Durchaus, es ist eine interessante Gegend, nahe bei Zürich, gut erschlossen, gute Infrastruktur . . .
. . . und ein Ort, über den bald 30 000 Businessjets an- und abfliegen.
Es sind nicht so viele. Neben den 15 000 heutigen Flügen von Armee, Rega, Kantonspolizei und Ju-Air kommen vielleicht 11 000 Bewegungen von Privatjets im Jahr dazu. Das sind also rund 15 Starts und 15 Landungen am Tag.
Warum wollen Sie überhaupt einen Business-Airport so nah am Flughafen Zürich? Dieser könnte 320 000 Flüge bewältigen und verzeichnet seit Jahren nur 270 000. Es gibt also noch Reserven.
Aber nicht im gewünschten Zeitfenster. Viele Privatflieger erhalten in Kloten keine sinnvollen Slots mehr, da alle zum gleichen Zeitpunkt fliegen wollen. Und in Kloten haben die Linienflüge Vorrang. Der Firmenchef will mit dem Geschäftsflugzeug aber auch um 7 Uhr abheben und um 18 Uhr wieder landen.
Sie öffnen Dübendorf für die Zivilaviatik, damit der Firmenchef nicht zwei Stunden warten muss?
(lacht) Fragen Sie mal die Unternehmensleitungen, ob ein paar Stunden am Tag eine Rolle spielen. Zudem gibts ja auch Popstars, Formel-1-Piloten etc., deren Bedürfnisse die Business-Aviation ebenfalls abdeckt. Uns geht es aber in erster Linie um den Wirtschaftsstandort Zürich als Ganzen. Die Nachfrage ist da. Firmen wie Google sagen, eine gute Erreichbarkeit sei ihnen sehr wichtig. Zürich stünde schlecht da, wenn wir eines Tages sagen müssten: Sorry, es gibt keine Möglichkeiten mehr.
Geht es nicht vor allem darum, Kloten zu entlasten?
Genau, uns geht es auch um die Entwicklung des Flughafens Zürich. Hier ist das politisch gewollte Korsett so eng, dass es nicht mehr die ganze Business-Aviation verträgt. Wir wollen ja nicht die ganze Geschäftsfliegerei nach Dübendorf verlegen, sondern nur gut die Hälfte.
Hat dann Kloten plötzlich 11\'000 Flugbewegungen weniger?
Ich gehe davon aus, dass die Slots schnell von Linienflügen besetzt werden. Es geht ja auch darum, dass in Dübendorf ein ansehnlicher Teil der Infrastruktur schon da ist. Nutzen wir sie doch!
Das Stimmvolk der drei Anrainergemeinden hat sich gegen die Geschäftsfliegerei ausgesprochen.
Wir nehmen die Abstimmungsresultate ernst, müssen aber auch kantonale und gar Landesinteressen berücksichtigen.
Wie sieht man, dass Sie die Gemeinden ernst nehmen?
Es finden Koordinationsgespräche statt, bei denen sich die lokalen Behörden einbringen können. Diese gehen bis Februar. In dieser Phase können sich auch die Gemeinden einbringen.
Behörden und Volk wollen aber eine andere Art von Flugplatzbetrieb.
Deren Alternativkonzept erfüllt aber die Anforderungen des Bundes nicht. Deshalb hat sich der Bundesrat vor drei Jahren für das Modell der Flugplatz Dübendorf AG entschieden und bleibt dabei. Die Business-Aviation ist das entscheidende Kriterium.
Was haben Sie den drei Gemeinden überhaupt noch anzubieten?
Es gibt nicht nur die Businessflieger. Es geht auch um Helikopterflüge und die Entflechtung der zivilen und militärischen Flugbewegungen.
Es geht doch vor allem um Lärm.
Wir sind den Gemeinden bereits bei der Ausschreibung entgegengekommen mit der Nachtruhe, den restriktiven Betriebszeiten am Wochenende und den Lärmkurven. Fragen Sie mal die Flugplatz AG, ob sie zufrieden ist, dass sie die Piste schon um 22 Uhr schliessen muss. Oder mit den strengen Lärmauflagen.
Wird es ähnlich laut wie zu Zeiten des Militärjetbetriebs?
Nie und nimmer! Ein Businessjet erzeugt viel weniger Lärm als ein Kampfjet. Zudem kann man noch mit Gebühren arbeiten und die lärmigeren Jets gar nicht in Dübendorf landen lassen. Die Privatflieger sind nicht sehr laut und zudem sehr schnell hoch oben in der Luft. Die Bevölkerung rund um den Flugplatz kennt diese Art von Betrieb schon vom WEF her. In diesen Tagen erhalten wir keinerlei Lärmklagen.
Weshalb sind die Anrainergemeinden nicht vorgängig und besser einbezogen worden?
Als es 2013/14 um den Konzeptentscheid ging, waren die Gemeinden in Totalopposition und verweigerten das Gespräch. Das hat sich ja erst vor einem Jahr geändert.
Sind die 28 500 Flüge eigentlich ein Bewegungsplafond?
Die Anzahl Flüge wurde anhand der Lärmvorgaben und des künftigen Flottenmixes errechnet. Ausschlaggebend ist der Lärm. Werden die Jets leiser, sind auch mehr Flüge möglich. Das gibt auch einen Anreiz für leisere Flugzeuge.
Der Zürcher Regierungsrat hat sich nach der Abstimmung vom 26. November sehr schnell gegen die drei Gemeinden gestellt und die Pläne des Bunds öffentlich verteidigt. Aus Bern herrschte bisher Funkstille. Nicht so die feine Art.
Der Bund kommentiert keine kommunalen Abstimmungsresultate. Ausserdem hatten wir bereits im Vorfeld unsere Position klargemacht. Die Entscheide sind längst gefällt, es geht uns ums Landesinteresse.
Kann man einen Flugplatz gegen die Bevölkerung betreiben?
Die Bevölkerung hat ja nicht Nein gesagt zum Flugbetrieb. Das Alternativkonzept ging von 20 000 Flügen aus.
Die Stimmbürger haben in einem zweiten Urnengang ihren Behörden das Mandat zur Totalopposition gegeben. Dübendorfs Stadtpräsident hat bereits angekündigt, alle Bauten zu torpedieren, die nichts mit der Fliegerei zu tun haben. Etwa Restaurants, welche eine lokale Baubewilligung brauchten.
Das ist nicht so. Es gibt einen Sachplan, und der obliegt dem Bund. Er allein bestimmt, was auf dem Flugplatzperimeter gebaut wird und was nicht. Es muss sich allerdings um überwiegend aviatische Nutzungen handeln, wobei auch ein Gastronomiebetrieb bis zu einer gewissen Grösse zu einem Flugplatz gehört.
Hat die Standortgemeinde keinen Einfluss auf die Nutzung?
Es wäre mir neu, dass die Stadt Kloten bestimmt, wer im Flughafen Zürich-Kloten wirten darf.
Was passiert eigentlich, wenn der Business-Airport in finanzielle Schwierigkeiten gerät? Deckt der Bund das Defizit?
Die Flugplatz Dübendorf AG ist rein privatwirtschaftlich organisiert. Sie hat vom Bund den Auftrag erhalten, ein Konzept umzusetzen, um den Flugplatz 30 Jahre lang zu betreiben. Gäbe es irgendwann ein wirtschaftliches Problem, müssten Private einspringen. Der Bund wird es sicher nicht tun.
Die Luftwaffe hat sich nicht nur aus Dübendorf zurückgezogen, sondern auch von anderen Flugplätzen. Wird jetzt das Land mit Businessaviatik übersät?
Die Situation ist überall eine andere. Buochs NW etwa wird bereits zivil betrieben. In Payerne zeichnet sich eine zivile Lösung ab, und Sitten wird bereits militärisch und zivil genutzt. Die Tendenz ist sicher, dass zivile Nutzungen militärische ablösen. Allerdings bleiben für die Wirtschaftsräume abseits von Zürich und Genf nur Nischen übrig. Diese beiden Standorte hingegen gehören zu den Top 5 von Europa, spielen also für die Businessaviatik eine sehr grosse Rolle.
In Dübendorf gibt Bundesrätin Doris Leuthard Vollgas, in Kloten ist noch die Handbremse drin. So wurde der Südstart geradeaus nur für Bisen- und Nebellagen bewilligt. Das hilft kaum gegen Verspätungen und verbessert die Sicherheit kaum.
Da muss ich widersprechen. Der Südstart straight verbessert die Sicherheit vor allem bei Bisenlage. Aus Sicht der Sicherheit wäre dieser Geradeausflug von der Piste 16 während des ganzen Tages am besten. Das ist aber politisch nicht machbar und kein Thema.
Der Sicherheitsbericht von 2013 hat einige Mängel aufgezeigt. Wie viele der Probleme sind gelöst?
Einige Mängel sind behoben, wichtige aber noch nicht. Verantwortlich dafür ist auch Deutschland, das die Umsetzung des Betriebsreglements 14 blockiert. Mit der Entflechtung des Ostkonzepts gäbe es abends keine Kreuzungspunkte mehr in der Luft zwischen startenden und landenden Flugzeugen. Wichtig ist auch der Südstart straight bei Bise, der aufgegleist ist.
Fliegernahe Kreise sehen in den Drohnen die grösste Gefahr.
Drohnen sind tatsächlich eine Herausforderung, wobei es einzuschränken gilt: Es ist bisher weltweit erst zu vier dokumentierten Zusammenstössen gekommen. Trotzdem stehen wir vor bedeutenden Fortschritten. Das Stichwort heisst U-Space, was für Urban Space steht. Ein Ingenieur aus dem Bazl hat ein System mitentwickelt, welches das Risiko von Zwischenfällen nochmals stark minimieren sollte. Die Drohnen kommunizieren untereinander und in Zukunft auch mit Flugzeugen. Mittels Handy-App muss eine Flugfreigabe angefordert werden, man kann eine Drohne in verbotenen Gebieten also gar nicht mehr steigen lassen. Und nähert sich unerwartet ein Rega-Helikopter, erscheint auf dem Display eine Warnung.
Tönt spannend. Wann ist es so weit?
Noch sind wir in der Testphase. Aber schon 2018 sollte das System stehen und vielleicht schon 2019 in Europa eingeführt werden. Dann müssen allerdings die Hersteller noch nachziehen. Aber das Ziel, alle Drohnen sichtbar zu machen, ist nahe.
Es gab ja einen Zwischenfall auf der Südanflugroute, auf der vermutlich ein Spotter mit seiner Filmdrohne nahe an ein Flugzeug gekommen ist. Hat man ihn erwischt?
Leider nicht. Aber auch hier eröffnet die neue Technologie Möglichkeiten.
Wie vieler «Drohnen-Täter» ist man habhaft geworden?
Im laufenden Jahr gab es in der Schweiz 31 Verfahren. Wirklich gefährlich war kein Zwischenfall. Aber die Dunkelziffer ist wohl hoch.
Wenn man den Trendsettern Glauben schenken will, ist der Himmel bald voller Drohnen.
Das scheint die Zukunft zu sein. Wir sind gerade daran, den Himmel grundsätzlich neu zu strukturieren. Angedacht sind auch Luftkorridore nur für Drohnen.
Tages-Anzeiger, 10.12.2017
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