Zu einem Revival kam dabei der Nordanflug.
von Ueli Zoss
Für Siegfried Ladenbauer, Leiter Operations Tower bei der Flugsicherungsgesellschaft Skyguide, versprechen die Südstarts geradeaus bei Nebel und Bise einen markanten Sicherheitsgewinn: «Wird bei solchen Wetterlagen mit Südabflügen gestartet, kann die Sicherheitsmarge deutlich verbessert werden.» Es komme so bei Anund Abflügen zu weniger Kreuzungen. Ausserdem sei so die Kapazität mit rund 66 Flugbewegungen pro Stunde gewährleistet.
Sein Votum löste am Dienstagabend im General-Wille-Saal des Gasthofs Löwen in Meilen beim zahlreich aufmarschierten Publikum aber ein Raunen und Kopfschütteln aus. Die Replik folgte umgehend: «Damit öffnet sich eine neue Schneise», sagte Podiumsteilnehmerin Karin Seiler Graf, SP-Nationalrätin und Stadträtin in Kloten. Südstarts könnten bei jeder Witterung zur Regel werden. «Das führt zwangsläufig zu einer Kapazitätssteigerung.» Diese Aussage stiess im Saal auf weit mehr Verständnis.
Freisinn gut vertreten
Eingeladen zum Podium unter der Bezeichnung Forum FDP hatten die FDP-Ortsparteien des Bezirks Meilen. Der Zolliker FDPNationalrat Beat Walti übernahm dabei die Moderation; den Freisinn vertraten im Panel ausserdem der Zumiker Gemeindepräsident Jürg Eberhard und Nationalrätin Doris Fiala. Bei Eberhard, als Zumiker besonders betroffen vom Fluglärm und als Vertreter des Fluglärmforums Süd bekannt als dezidierter Gegner der Südstarts, war bezüglich des Flughafens Zürich wenig liberale Gesinnung auszumachen. «Man bekommt manchmal den Eindruck, die Kapazität des Flughafens Zürich sei gottgegeben», sagte er. «Man vergisst dabei, zu prüfen, ob denn all dieser Luftverkehr nötig sei.»
Sehr schlecht kamen bei ihm die Billigflüge weg, welche das Drehkreuz Kloten unnötig vergrössern würden. Als Drehscheibe schlug er stattdessen London vor: «Die Schweiz könnte eine neue Airline gründen und ein paar Flieger nach Heathrow schicken.» Von dort ginge es dann mit wem auch immer rund um den Globus. Für seinen etwas weit hergeholten Vorschlag entschuldigte er sich schon mal im Voraus bei der Londoner Bevölkerung.
Rahmenabkommen koppeln
Doris Fiala setzte sich schon eher dafür ein, dass der Flughafen wirtschaftlich florieren müsse, auf dass die Arbeitsplätze gesichert seien und dass es jedermann freigestellt sei, wie er gedenke, sein Bedürfnis nach Mobilität abzudecken. Schliesslich holte sie bezüglich Nutzen und Perspektiven des Flughafens Zürich den eigentlich längst geköpften, gekröpften Nordanflug aus der Versenkung hervor. «Der beste Anflug ist der Nordanflug», betonte Fiala. «Der Bundesrat muss mit Deutschland wieder darüber verhandeln.» An ein allfälliges Rahmenabkommen mit der EU müsse ein Flugabkommen mit Deutschland gekoppelt sein.
Nicht nur nach Parteibuch
Der Streit mit Deutschland ist jedoch längst nicht beigelegt. Der von der Schweiz ratifizierte Staatsvertrag mit den im Jahr 2003 in Kraft getretenen einseitigen Sperrzeiten ist blockiert und liegt unbeantwortet irgendwo in einer Schublade des Bundesverkehrsministeriums in Berlin. Sukkurs erhielt Fiala vom ehemaligen Swissair-Piloten Werner Krebs, der nun für Edelweiss Air fliegt. «Von der Topografie her drängt sich der Norden für Flugbewegungen geradezu auf.» Er monierte ausserdem, der Flughafen Zürich sei zu eng in ein politisches Korsett gebunden, was der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit nicht eben zugutekomme.
Festzuhalten gilt es im weiteren, dass die Podiumsteilnehmer allesamt auch Verständnis für die Anliegen der jeweiligen Gegenseite bekundeten. So verstand Fiala den Ärger der von den Südstarts betroffenen Bevölkerung und strich Seiler Graf die Bedeutung des Flughafens Zürich als Wirtschaftsmotor heraus. In Sachen Fluglärm hielt sie fest: «Der grösste Arger wäre schon mal weg, wenn die Nachtflugsperre und damit die Nachtruhegewährleistet wären.»
ZSZ, 16,11.2017, Seite 4