Roger Liebi und Markus Knauss, die Schwergewichte der SVP und der Grünen, verband bis auf eine gescheiterte Stadtratkandidatur bisher kaum etwas. Doch in der letzten Sitzung des Gemeinderates vor den Ferien, es war nach 15 Jahren auch Liebis letzte Sitzung im Stadtparlament, haben sie einen gemeinsamen Vorstoss eingereicht.
Mit einer Motion verlangen sie vom Stadtrat, dass er die Aktien der Stadt Zürich an der Flughafen Zürich AG verkauft – ganz oder bis zu einem minimalen Anteil von 0,5 Prozent. Derzeit besitzt die Stadt 5 Prozent der über 30 Millionen Aktien. 33 Prozent hält der Kanton Zürich, den Rest teilen sich verschiedene. Sie seien sich zwar nicht einig, welche Bedeutung der Flughafen künftig haben solle, schreiben die Motionäre in der Begründung, aber an der grossen Bedeutung für den Wirtschaftsraum Zürich bestehe kein Zweifel.
Liebi und Knauss sehen die Flughafen Zürich AG als ständig wachsendes Immobilienunternehmen, das mit dem Circle das städtische Gewerbe nochmals verstärkt konkurrenzieren werde. Dieses Geschäftsmodell habe nicht mehr viel mit dem zu tun, was eine notwendige staatliche Aufgabe der Stadt Zürich sein könnte. Politischen Einfluss auf die An- und Abflugrouten, auf Lärm oder Ökologie könne die Stadt auch nicht nehmen. «Vielmehr hat die Beteiligung der Stadt mittlerweile den Charakter einer Finanzanlage, deren Erfolg voll auf die Jahresrechnung durchschlägt.»
Und wie sie durchschlägt! Um 289 Prozent sei der Kurs der Flughafen-Aktie in den letzten fünf Jahren gestiegen, womit sich die Rechnung der Stadt Zürich um 189,9 Millionen Franken verbessert habe – «ohne eigenes Zutun». Das mache die Rechnung «anfällig auf Missinterpretationen und Fehlanreize». Es handle sich nur um Buchgewinne, «es ist also kein einziger Franken in Cash auf einem Konto verbucht».
Aktiengewinne statt Sparen
Bei dieser Textpassage dürfte Roger Liebi die Feder geführt haben, werfen doch die Bürgerlichen dem Stadtrat bei jedem Budget und jeder Rechnung vor, die guten Zahlen seien Sondereffekten zu verdanken und nicht den eigenen Sparbemühungen. Oder wie die SVP die Rechnung 2015 mit dem 10-Millionen-Plus statt des budgetierten 130-Millionen-Defizits kommentierte: «130 der 140 Millionen Franken Verbesserung werden durch Flughafen-Aktien und Finanzinstitute beigesteuert. Die Abhängigkeit der rot-grünen Stadt Zürich von ihren expliziten Feindbildern wurde nie offensichtlicher als heute.»
Roger Liebi bestätigt auf Anfrage, dass eines der Ziele, die er mit der Motion bezweckt, eine transparente, rein operative Rechnung der Stadt Zürich ist. Es geht ihm aber auch ums Risiko: Fällt der Kurs der Flughafen-Aktie um 10 oder 15 Prozent, fehlen in der Rechnung gleich 40 bis 50 Millionen Franken – allein wegen der Börse. Schliesslich sei eine Finanzanlage in diesem Ausmass einfach keine öffentliche Aufgabe.
Markus Knauss argumentiert einerseits auch finanzpolitisch mit dem Risiko für die Stadtkasse, anderseits moralisch: Eine Stadt, die sich der 2000-Watt-Gesellschaft verpflichtet hat, dürfe nicht von der klimaschädlichen Infrastruktur eines Flughafens profitieren. Das gebiete die Glaubwürdigkeit.