Die Frustration kommt nüchtern daher: «Betriebsreglementsänderung 2014, Teilgenehmigung» heisst der Titel des Dokuments, in dem der Flughafen Zürich dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) Anpassungen des derzeitigen Betriebs beantragt. Die Geschichte dahinter: Der Flughafen will die Sicherheitsmarge erhöhen. Zu diesem Zweck sollen Start- und Landerouten so angepasst werden, dass sie möglichst separiert sind, dass also möglichst keine Kreuzungspunkte bestehen. Nahegelegt hatte die Anpassungen eine vom Bazl beauftragte Sicherheitsüberprüfung aus dem Jahr 2012.
Kernstück der 2013 beantragten Neuerungen sollte die Entflechtung des Ostkonzepts sein, das Anflüge aus Osten auf die Piste 28 und Starts nach Norden auf den Pisten 32 und 34 vorsieht. Heute bergen mehrere Kreuzungen von startenden und landenden Maschinen in der Luft ein gewisses Risikopotenzial. Die vorgeschlagenen neuen Routen beanspruchen teilweise deutschen Flugraum – weshalb Berlin zustimmen muss. Unter dem Druck aus Südbaden erfolgte dies aber bisher nicht: Verkehrsminister Alexander Dobrindt lässt das Dossier seit Monaten in der Schublade. Nun mag der Flughafen nicht mehr warten: Er reicht jene Teile des Betriebsreglements 2014 zur Genehmigung ein, die auch ohne Zustimmung Deutschlands umgesetzt werden können. Dies hat das Bazl am Dienstag mitgeteilt.
Blockade trotz geringer Belastung
Der Flughafen macht aus seinem Ärger über die bisher verweigerte Zusage von Berlin kein Hehl. In dem Antrag an das Bazl heisst es: «Es ist sehr bedauerlich, dass eine der wichtigsten Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit am Flughafen Zürich trotz Freigabe der deutschen Fachstellen blockiert ist.» Sowohl das deutsche Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung als auch das Umweltbundesamt hätten gegen die neuen Routen nichts einzuwenden.
Tatsächlich ist die erwartete zusätzliche Belastung Südbadens gering. Die neuen Routen würden die Flugzeuge im Grenzgebiet über deutsches Territorium führen, allerdings nie tiefer als 3600 Meter über Meer. Laut einem Gutachten, das süddeutsche Landkreise in Auftrag gaben, würden in Südbaden rund 30 000 Personen in einem Pegelbereich von 20 bis 35 Dezibel belastet, rund 26 500 von ihnen im Bereich zwischen 20 und 25 Dezibel. Verärgert über Dobrindts Zuwarten äusserte sich in der NZZ Ende April die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh: «Dass die mit dem Betriebsreglement 2014 verbundenen Sicherheitsverbesserungen von deutscher Seite allein aus politischen Gründen blockiert werden, ist für mich unverständlich und belastet die sonst gutnachbarschaftlichen Beziehungen.»
Thomas Marwein, Lärmschutzbeauftragter der Landesregierung Baden-Württemberg, hielt dagegen, dass die zusätzlichen Überflüge nicht nur Lärm, sondern auch Schadstoffe brächten, zudem sei die Neuerung nicht mit der Forderung Stuttgarts nach maximal 80 000 jährlichen Anflügen auf Zürich über Südbaden vereinbar.
«Keine Kapitulation»
Bazl-Sprecher Urs Holderegger betont auf Nachfrage, dass das Vorgehen keiner Kapitulation vor Deutschland gleichkomme. Aufgrund der langen Verfahrensdauer sei es aber angezeigt, mit jenen Teilen des Betriebsreglements 2014 vorwärtszumachen, die unabhängig von der Zustimmung Deutschlands seien. Dabei geht es unter anderem um Entflechtungen im Süd- und im Bisenkonzept.
Offenbar soll die angestrebte Teilgenehmigung nun auch eingeleitet werden, bevor dann voraussichtlich im Spätsommer der Bundesrat den zweiten Teil des Sachplan-Objektblatts verabschiedet – mit umstrittenen Themen wie Südstarts geradeaus und Pistenverlängerungen, die im Betriebsreglement 2014 kein Thema sind. Die Entflechtung des Ostkonzepts ist nun aber laut Holderegger nicht abgeschrieben, da es keine Alternativen gebe und der Sicherheitsgewinn ausgewiesen sei. Bezüglich der nun vorgelegten Punkte wie der Entflechtungen im Süd- und im Bisenkonzept behielten die bereits eingereichten Einsprachen ihre Gültigkeit, sagt der Bazl-Sprecher. Bis am 14. Juli läuft aber eine zusätzliche Einsprachefrist.