Die Frage, welche der Bachenbülacher Kantonsrat Michael Biber (FDP) und seine Amtskollegin Ursula Moor-Schwarz (SVP) aus Höri dem Regierungsrat stellten, war für einmal relativ leicht und vor allem klar zu beantworten: Wie weit lagen die effektiven Werte der Flugbewegungen am Flughafen Zürich und die prognostizierten Werte der letzten 12 Jahre auseinander? Da kein Flugzeug unbemerkt in Kloten startet oder landet, konnte sich der Regierungsrat für seine Antwort also auf gut dokumentierte Zahlen abstützen.
Prognosen sind seit zehn Jahren falsch
Das Ergebnis zeigt, dass die Zahlen der Prognose und der tatsächlichen Flugbewegungen seit Jahren auseinander liegen. Und dass sich die Abweichung mit fortschreitendem Prognosezeitraum immer mehr vergrössert. 2006 irrte man noch um 3,4 Prozent, zeigen die Zahlen in der Antwort des Regierungsrates. Damals ging man von 270 000 Flugbewegungen aus, tatsächlich fanden aber nur 260 786 statt. 2015 hingegen sieht es schon ganz anders aus: Mit 297 000 Flugbewegungen wurde gerechnet, 265 095 flogen tatsächlich. Die Abweichung von knapp 32 000 Flügen beträgt damit fast 11 Prozent. Auch für die Jahre 2013 und 2014 lagen die Prognosen fast um 10 Prozent über dem tatsächlichen Wert. Und mehr geflogen als geschätzt wurde letztmals überhaupt 2005.
Dabei ist festzuhalten, dass der Regierungsrat sich in seiner Antwort auf Prognosewert stützt, die von einem Flugbetrieb mit tatsächlichen Einschränkungen ausgehen, etwa von betrieblicher, rechtlicher, politischer oder sicherheitstechnischer Art. Häufig wurde in der Vergangenheit aber die sogenannte engpassfreie Prognose für die Einschätzung der Flugbewegungen genutzt, die prophezeiten Werte fielen also noch viel höher aus.
Auch der SIL-Prozess ist von den Zahlen betroffen
Die Prognosen, die seit Jahren von der Münchner Firma Intraplan Consult GmbH angefertigt werden, werden im Unterland seit Jahren kritisiert. Erst im letzten Mai äusserte sich der Regierungsrat zum Thema nach einer Anfrage der Grünen Robert Brunner aus Steinmaur und Regula Kaeser-Stöckli aus Kloten.
Biber und Moor-Schwarz wollten in ihrer Anfrage nun aber insbesondere wissen, inwiefern die Prognosen den Prozess um den Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) beeinflussen. Der Bundesrat hat im September 2016 die Anpassungen an dieses Planungsinstrument vorgelegt, mit dem er festlegt, in welchem Rahmen sich der Flughafen Zürich entwickeln darf. Viele der darin festgelegten Massnahmen beziehen sich dabei just auf die prognostizierten Zahlen, welche insbesondere von Verbänden um den Flughafen und von Gemeinden im Unterland als nicht realitätsbezogen kritisiert wurden. Ob der Regierungsrat diese Ansicht teilt, zu dieser Frage schweigt sich die Behörde allerdings noch aus. Man habe noch bis im Februar 2017 Zeit, um eine Stellungnahme zur Vorlage abzuliefern.
Er hält aber bereits fest, dass in Zukunft zunehmende Flugbewegungszahlen Gemeinden zwischen Buchs, Boppelsen und Dielsdorf sowie Bassersdorf und Kloten beschäftigen könnten. Denn in diesen Gebiete könnte die Zahlen eine wesentliche Rolle spielen, wenn es darum geht, neue Bauzonen auszuscheiden oder zu erschliessen. Dies, weil in diesen Gebieten neu Planungswerte überschritten werden könnten, die unter anderem vom Lärm bestimmt werden.
Der Regierungsrat hält zudem bereits jetzt fest, dass es tatsächlich so ist, dass sich die sogenannte Abgrenzungslinie (AGL) im SI-Entwurf von der AGL im kantonalen Richtplan erheblich unterscheidet. Die AGL hält fest, in welchen Gebieten in Zukunft Fluglärm zu erwarten ist und wo gebaut werden soll. Die AGL soll eigentlich Planungssicherheit für Gemeinden schaffen und zwar verbindlich über einen Zeitraum von rund 25 Jahren. Die grössten Unterschiede seien bei der AGL im Nordosten und -westen des Flughafens zu erwarten. Dies, weil künftig noch mehr Flugbewegungen in der ersten Nachtstunden zwischen 22 und 23 Uhr erwartet würden. Gerechnet wird für das Jahr 2030 mit rund 12 000 bis 12 8000 Flugbewegungen in dieser Stunde. Zum Vergleich: Der erste SIL sah 10 300 Bewegungen vor.