Einigermassen Verständnis für die vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) beschlossenen Massnahme mit den Südstarts bringt am Dienstagabend im Saal der Vogtei Herrliberg einzig der Walliseller Stefan Tschudin. auf. «Der Flughafen Zürich ist für die ganze Schweiz zentral», sagt der Leiter Betrieb der Flughafen Zürich AG. Der Bund versuche nun, dem Rechnung zu tragen und sei gewillt, das An- und Abflugregime sicherer, stabiler und verspätungsresistenter zu machen. Mittel zum Zweck seien sogenannte «Südabflüge geradeaus» die bei Bise und Nebel über die Quartiere im Norden, Westen und Süden der Stadt Zürich, über Dübendorf, den Pfannenstiel, Uster und mit Auswirkungen in die Gegend des Zürichsees geflogen werden.
Tschudin deutete aber an, man sei sich nicht sicher, ob das Massnahmenpaket für die künftige Entwicklung des Flughafens Kloten ausreiche. Von allen Seiten hagelt es nun Kritik auf ihn ein. «Sind die Südstarts einmal genehmigt, ist die Versuchung gross, Flugzeuge auch bei normalen Bedingungen – ohne Bise und Nebel – in Richtung Süden starten zu lassen», sagte Urs Dietschi aus Tagelswangen. Mehr Kapazität brauche es ohnehin nicht. Der ehemalige Kantonsrat war Gastredner und vertrat die Vereinigung Bürgerprotest Fluglärm Ost. Dietschi solidarisierte sich an diesem Abend zwar mit dem Süden, es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass der Osten nicht enttäuscht wäre, falls ihn der Süden in Sachen Fluglärm entlasten würde.
Geballte Opposition
Ihr Fett bekamen Tschudin, die Flughafen Zürich AG, das Bazl und auch das von Bundesrätin Doris Leuthard geleitete Eidgenössische Departement für Umwelt. Verkehr, Energie und Kommunikation von Küsnachter Seite ab. Gemeindepräsident Markus Ernst (FDP), assistiert vom langjährigen Swissair-Piloten und Flugsicherheitsexperten Jürg Schmid, wehrten sich vehement gegen die ab 2024 vorgesehene Häufigkeit der Südstarts. «Die Bevölkerung in einem der dichtest besiedelten Gebiete der Schweiz mit Fluglärm noch mehr zu belasten, ist Unfug und auch aus Sicherheitsgründen klar abzulehnen», sagt Schmid.
«Unausgegoren ist die Absicht des Bundes», hielt Ernst fest. Noch 2013 sei die Rede von jährlich nur bis zu 1000 Südabflügen bei Nebel und Bise gewesen. Nun habe sich das Blatt drastisch und unnötig gewendet. «Bundesbern prüft nicht einmal durchaus mögliche Varianten zu den Südstarts.»
Publikum empört
Emotional wie sonst eher selten an Podien in der Vogtei reagierte die Zuhörerschaft im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal. Markus Ernst und Schmid heimsten mit ihren Voten Applaus und Bravo-Rufe ein. Moderator Oliver Rappold, Vereinspräsident des Forums Vogtei, liess das Publikum am Ende der Diskussion ausgiebig zu Wort kommen.
Die Empörung in den Sitzreihen war beträchtlich. Ein Redner fühlt sich in den Grundrechten verletzt und forderte vehement zum Widerstand gegen die Südstarts aus. Auch andere fühlen sich im Stich gelassen. Welche negativen Auswirkungen Fluglärm auf die Gesundheit habe, sei ja bekannt. Sogar Volksinitiativen gegen die Südstarts kommen aufs Tapet. Dass an diesem Abend niemand in Begeisterungsstürme ausbrechen würde, war zu erwarten gewesen. Der Ärger im Publikum erreichte aber ein Ausmass, das deutlich machte, wie gross der Verdruss der Bevölkerung in der Region über die Südstarts ist.