Lauter Applaus für alle Fluglärmkritiker (LB)

Publiziert von VFSNinfo am
Das Thema Fluglärm bewegt im Tösstal: Gegen 400 Interessierte verfolgten eine lebhafte Podiumsdiskussion in der Grosshalle. Regierungsrätin Carmen Walker Späh erntete dabei mehrmals unwilliges Raunen, Kritiker dafür viel Sukkurs.

Auswärtige kennen das Tösstal vor allem als ruhiges und beschauliches Wandergebiet. Am Abend aber kann es auch hier ziemlich laut werden. Dann nämlich, wenn weiter oben die Flugzeuge über die Dörfer donnern – und auch dann, wenn unten im Tal über ebendiese Maschinen ausgiebig diskutiert wird.

Gegen 400 Zuschauer sind am Dienstagabend in die Grosshalle in Turbenthal gekommen. Fünf Gemeinden hatten zur Podiumsdiskussion «Mehr Fluglärm im Osten» eingeladen. Das Publi­kum kommentierte die Voten der Podiumsteilnehmer mal mit lautem, kräftigem Applaus, mal mit tiefem, unwilligem Raunen. Klar beliebter waren dabei stets jene Stimmen, die sich in irgendeiner Form kritisch gegenüber dem Fluglärm äusserten.

Wirtschaftsfaktor Flughafen

Viel Applaus konnte denn auch wenig überraschend Ralph Weidenmann ernten, der für den Bürger­protest Fluglärm Ost auf der Bühne sass. Einen schweren Stand hatten hingegen Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP) und Flughafenbetriebs­leiter Stefan Conrad, wobei auch sie mit ihren ruhig und sachlich vorgetragenen Argumenten vereinzelt punkten konnten.

Carmen Walker Späh betonte während der Diskussion mehrfach den volkswirtschaftlichen Nutzen des Flugverkehrs: «Ohne Flughafen wäre der Kanton nicht so erfolgreich.» Zudem erwähnte sie bereits im kurzen Eröffnungsvortrag, dass es Regionen gibt, die deutlich mehr von Fluglärm betroffen seien, was aber nicht heisse, dass das Tösstal nicht betroffen sei. Weiter stellte sie unmissverständlich klar, dass sie die bisherige Haltung der Regierung mittrage. «Die Flughafenpolitik des Kantons hat sich durch meine Wahl nicht verändert.»

Ein Hauptthema während der insgesamt rund zweistündigen Diskussion waren die Nachtflüge. Sie sind massgeblich dafür verantwortlich, dass sich die Anzahl Lärmbelästigter gemäss Zürcher Fluglärm-Index 2014 (ZFI) auf einem Rekordhoch befindet und der Grenzwert deutlich überschritten wird. Walker Späh versprach, das Problem anzupacken, auch als Verwaltungsrätin der Flughafen Zürich AG. Wie genau sie das jedoch tun will, blieb trotz Nachfrage des Moderators, Jakob Bächtold, stellvertretender Chefredaktor des «Landboten», offen. Eine einfache Lösung habe sie nicht, räumte Walker Späh ein. Man müsse aber daran arbeiten, den Flughafen zu Spitzenzeiten zu entlasten, um so verspätete Flüge in der Nacht zu verhindern. Ähnliches forderte auch Flughafenbetriebsleiter Stefan Conrad. Der Flugplan sei zwar weniger dicht als noch vor einigen Jahren, da grössere Flieger mehr Passagiere aufnehmen könnten. Zu Spitzenzeiten könnten sich allerdings Verspätungen kumulieren, die man nur am Abend abbauen könne. Verantwortlich dafür seien auch Auflagen des Bundes. Er plädierte deshalb unter anderem dafür, die Pisten auszubauen und Schnellabrollwege einzurichten.

Ralph Weidenmann vom Bürgerprotest fühlte sich von den beiden Gesprächspartnern zeitweise offenkundig zu wenig ernst genommen. Mehrmals versuchte er, den Südstart geradeaus ins Spiel zu bringen, blitzte damit jedoch ab. Schliesslich sagte Walker Späh, dass dieser nicht der Flughafenpolitik entspreche, worauf viele im Publi­kum lachen mussten. Es gehe darum, möglichst wenige Leute zu beschallen, sagte Walker Späh weiter. Auch Conrad erinnerte an den demokratischen Prozess: Der Südstart sei nicht im Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) enthalten, rein betrieblich wäre er aber von Nutzen.

Diverse kritische Voten kamen im Anschluss aus dem Publi­kum. Ein Mann lud alle dazu ein, sich an einem Sonntagabend mal in seinem Garten den Fluglärm anzuhören. «Das ist unangenehm.» Ein anderer sprach sich gegen den Umsteigeverkehr in Zürich aus und ern­tete dafür lauten Applaus. Worauf Conrad erklärte, dass es diesen brauche, um Direktflüge aufzufüllen und somit zu ermöglichen. Walker Späh sagte dazu: «Der eine oder andere von ­Ihnen fliegt doch sicher auch – und ­will nicht immer in München um­steigen.» Hörbaren Widerspruch ­löste diese Aussage nicht aus.

Landbote,13.01.2016