«Akzeptanz für Flughafen nicht gefährden» (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Flughafenministerin Carmen Walker Späh (FDP) kontert die Kritik von Swiss-CEO Harry Hohmeister an der lokalen Politik.

Harry Hohmeister kritisiert die Zürcher Politik scharf. Es gebe zu viele Verspätungen, der Flugbetrieb funktioniere nicht mehr.
Aus unternehmerischer Sicht habe ich ein gewisses Verständnis für die Kritik. Ein Firmenchef versucht stets, das Beste für sein Unternehmen herauszuholen. Allerdings muss man auch erwähnen, dass sowohl der Flughafen Zürich wie die Swiss glänzende Zahlen präsentieren. Die Swiss hat soeben einen neuen Passagierrekord ausgewiesen.

Hohmeister sagt, die Passagiere blieben aus, wenn es so weitergehe.
Heute hat es am Flughafen rund 18 Prozent weniger Flugbewegungen als im Jahr 2000, aber rund 16 Prozent mehr Passagiere. Die hervorragenden Zahlen der Swiss wären doch nicht möglich, wenn die Rahmenbedingungen so schlecht wären, wie von Herrn Hohmeister geschildert.

Sehen Sie keine Probleme?
Was Herr Hohmeister richtig analysiert, sind die flugtechnischen Restriktionen. Skyguide hat aus Sicherheitsgründen die Zeitmargen zwischen den Flügen verlängert, was die Kapazität mindert. Diese Auflagen haben das Betriebsregime am Tag verkompliziert, was das System anfällig für Verspätungen macht . . .

. . . und zu Verspätungsabbau und mehr Flügen in den heiklen Abendstunden führt.
Hier besteht tatsächlich Handlungsbedarf. Der Regierung sind die sieben Stunden Nachtruhe wichtig. Der rechtlich zulässige Verspätungsabbau zwischen 23 und 23.30 Uhr war als Ausnahme gedacht. Diese ist zur Regel geworden. Das ist nicht zufriedenstellend.

Kann der Regierungsrat nicht von sich aus aktiv werden, um die Situation zu verbessern ?
Er hat eine Änderung des Betriebsreglements unterstützt, welche Abhilfe schaffen soll. Was die Reduktion der Anzahl Flüge in den Abendstunden betrifft, sind wir aber auf die Unterstützung der Flughafenpartner und der Swiss angewiesen.

Hohmeister schlägt den Südstart geradeaus am Mittag vor.
Obwohl verschiedene Bundesstellen immer wieder von diesen Südstarts sprechen, hat der Bund nicht offiziell bekannt gegeben, wie er sich das künftige An- und Abflugregime vorstellt. Deshalb wissen wir auch nicht, ob es definitiv Südstarts geben wird, wann diese zum Tragen kommen, wo sie genau durchführen und was allenfalls Alternativen sind. Solange dies nicht bekannt ist, kann man darüber keine seriöse Diskussion führen.

Der Regierungsrat hat doch auch schon positiv zum Südstart straight Stellung genommen.
Damals ging es nur um die Frage des Südstarts bei bestimmten Wetterlagen, nämlich bei Bise und Nebel.

Eine weitere Kritik lautet, die Lärmgegner seien besonders laut und die Politik kusche vor ihnen.
Ich möchte daran erinnern, dass das Zürcher Volk stets flughafenfreundlich abgestimmt hat – für eine Anschubhilfe von 300 Millionen Franken für die Swiss im Jahr 2002, für die 5. Ausbauetappe, gegen ein Pistenmoratorium, gegen eine Lärmverteilung. Wir sind uns der Bedeutung des Flughafens sehr wohl bewusst. Aber das Volk hat am Flughafen tatsächlich etwas zu sagen, und das ist gut so. Man sollte die Akzeptanz des Flughafens in der Bevölkerung nicht aufs Spiel setzen. Immerhin leben 94 Prozent aller Lärmbetroffenen im Kanton Zürich.

Sind Harry Hohmeister und die Swiss mit ihrer Kritik undankbar?
Herr Hohmeister erfüllt seine Aufgabe als Unternehmer. Und mit seinen neuen Aufgaben in der Lufthansa-Zentrale in Frankfurt, wo er für eine grössere Leistung der Swiss am Hub Zürich sorgen soll, hat er eine Optik, und wir im Kanton Zürich haben unsere. Unsere Flughafenpolitik basiert auf einem gesetz­lichen Auftrag, der einen Interessenausgleich zwischen einem starken Flughafen und dem Schutz der Bevölkerung vor Lärm anstrebt.

Auch der Bund wird kritisiert. Er traue sich nicht, Zürich den Tarif zu erklären. Ist das auch Ihr Eindruck?
Die Kompetenzen sind heute klar ge­regelt. Sowohl der Bund wie der Kanton Zürich haben eine Interesse daran, dass der Flughafen Zürich erfolgreich ist und die Lärmschutzvorgaben aus dem ­Umweltrecht eingehalten werden. Der Bund hat bereits heute einen grossen Einfluss auf den Flughafen. Diesen hat er jüngst geltend gemacht, indem er die Pistenverlängerungen gegen den Willen des Kantonsrats in den Richtplan gepackt hat.

Gemäss Entwurf zum neuen Bericht über die Luftfahrtpolitik des Bundesrats will Bundesrätin Doris Leuthard dem Bund mehr Macht über den Zürcher Flughafen geben.
Der Bundesrat spielt mit dem Gedanken, die kantonale Mitsprache zu beschneiden. Dagegen wehren wir uns aber dezidiert. Für ein solches Misstrauensvotum gegenüber dem Kanton und seiner Bevölkerung besteht kein Anlass. Hier stellen sich zudem heikle eigentumsrechtliche Fragen, etwa ob eine Aktiengesellschaft vom Staat enteignet werden darf.

Die deutsche Verordnung (DVO), die morgens und abends Überflüge in Süddeutschland verbietet, spielt laut Hohmeister eine weniger grosse Rolle als selbst auferlegte Einschränkungen. Einverstanden?
Nein. Das heutige Betriebsregime ist ganz klar die Folge der einseitigen Restriktionen durch Deutschland. Wenn heute im Kanton Zürich die Wogen wegen des Fluglärms hochgehen, dann ist die DVO der Hauptgrund dafür.

Soll Hohmeister als wichtiger deutscher Manager versuchen, in Sachen Staatsvertrag Dampf zu machen?
Beim Staatsvertrag liegt der Ball seit Monaten bei Deutschland. Vielleicht kann Herr Hohmeister ja seinen Einfluss in der deutschen Politik geltend machen, um für die Schweiz möglichst gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Er hat mir mehrfach bestätigt, dass er sich nicht nur mit der Sicht der Swiss, sondern auch mit jener der Schweiz identifiziert.

Tages-Anzeiger, 26.01.2016




siehe auch:
Der Bund Ex-Swiss-Chef will Zürich Kontrolle über den Flughafen entziehen (TA)
«Das wird der Kunde nicht mehr lange akzeptieren» (TA)