Für die Nachtflüge in die Schweiz muss der Scheich eine Lärmgebühr zahlen. Die Summe dürfte die katarische Königsfamilie jedoch nicht schmerzen.
Von Katia Murmann
Sanft setzt der Airbus am 26. Dezember auf der Landebahn in Zürich-Kloten auf. Es ist 0.31 Uhr, an Bord des Airbus 340 mit der Kennung «Amiri One»: Scheich Hamad Bin Khalifa al-Thani (64), der ehemalige Emir von Katar. Er hat sich in den Ferien in Marokko ein Bein gebrochen, will sich in Zürich operieren lassen. Und reisst mit seiner nächtlichen Landung die Anwohner des Flughafens aus dem Schlaf. Auch wenn sie fliegerisch perfekt war: Lärm macht sie dennoch.
Die Luftwaffe hatte dem Herrscher vom Golf wegen eines «medizinischen Notfalls» Landeerlaubnis erteilt, trotz Nachtflugverbots. Kurz nach fünf Uhr landen zwei weitere Maschinen in Zürich, diesmal aus Katars Hauptstadt Doha. Sie bringen die Familie des Emirs an sein Krankenbett.
Flughafen-Anwohner sind erzürnt: Von «Gesetzesbruch» spricht Priska Seiler Graf (47), SP-Nationalrätin aus Kloten. «Wir kämpfen seit Jahren um die Einhaltung der Nachtruhe. Wir können nicht akzeptieren, dass damit so leichtfertig umgegangen wird!»
Für die Landung der drei Flugzeuge stellt der Flughafen Zürich dem Scheich rund 13 940 Franken in Rechnung. 7090 Franken wurden für den Airbus 340 fällig, der kurz nach Mitternacht landete, 4580 Franken für den A 330 und 2270 Franken für den A 319. Auch diese beiden Maschinen durften die Nachtsperre verletzen. «In den Kosten eingeschlossen sind die Landegebühr, die zusätzliche Lärmgebühr, die Emissionsgebühr und die Parkgebühr pro Tag», sagt die Flughafen-Sprecherin Sonja Zöchling Stucki. Fr. 28.50 Flughafengebühr pro Passagier kommen hinzu.
Die Lärmgebühr für die drei Flieger kostet den Scheich also nur 4500 Franken, 1500 Franken pro Flugzeug. Für ihn ist das ein Trinkgeld. Seinen Schweiz-Trip lässt sich al-Thani Millionen kosten. Allein für die Flüge berappt er mehrere Hunderttausend Franken. Operation und Rehabilitation in der noblen Schulthess-Klinik sowie der Aufenthalt der ganzen Familie in Zürich kosten ebenfalls.
Doch natürlich kann es sich der Scheich leisten: Sein Privatvermögen wird auf 2,5 Milliarden Euro geschätzt. Über Holdings und Fonds kontrolliert seine Familie Unternehmen auf der ganzen Welt. Ihnen gehört der Fernsehsender Al Dschasira sowie das britische Nobelkaufhaus Harrod’s. Ihre Qatar Holding ist Grossaktionär bei Volkswagen, von der sie 17 Prozent der Aktien hält. Und auch in der Schweiz ist die Herrscherfamilie aus Katar dick im Geschäft: Der Staatsfonds besitzt 4,98 Prozent der Aktien und 13,59 Prozent der Erwerbsrechte der Credit Suisse, zudem 8,42 Prozent der Aktien am Rohstoff-Multi Glencore Xstrata. Ausserdem gehören Katar in der Schweiz mehrere Luxushotels. Über 4500 Franken Lärmgebühr wird der Herrscher wohl nur lachen – falls er davon überhaupt erfährt. SP-Nationalrätin Seiler Graf findet: «Es ist etwas wenig, was er da zahlen muss.» Man müsse sich überlegen, ob solche Verstösse gegen die Nachtruhe nicht mit höheren Bussen belegt werden. «Es darf sich nicht lohnen, zu spät in Zürich zu landen.»