Siehe Kommentar des VFSN am Ende des Artikels.
Dass Politiker nach ihren ersten 100 Tagen im Amt eine Bilanz vor der Öffentlichkeit ziehen, ist nichts Ungewöhnliches. Dass sie damit gleich ins Fettnäpfchen treten, wohl eher. Passiert ist dies Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh, als sie am letzten Freitag vor die Medien trat. Dabei hatte die FDP-Politikerin angekündigt, sie wolle den Dialog mit den Fluglärmgegner intensivieren. Denn in der Vergangenheit seien die Bürgerinnen und Bürger oft enttäuscht worden.
Das tat nun aber auch sie. Denn sie erteilte gleichzeitig dem Südstart geradeaus – einem zentralen Anliegen der Gemeinden aus dem Westen, Norden und Osten – eine klare Absage. Zudem forderte sie, dass die Interessen des Kantons Zürich in Bern höher zu gewichten seien als jene der Nachbarkantone.
Fluglärmkritiker sind erschüttert
Priska Seiler, SP-Kantonsrätin und Präsidentin des Dachverbands Fluglärmschutz, sagte zum «Tages-Anzeiger», sie sei erschüttert: «Offensichtlich hat Carmen Walker Späh den Sprung von der Stadtzürcher Kantonsrätin zur Regierungsrätin, die alle Regionen vertreten sollte, noch nicht geschafft.»
Der Bürgerprotest Fluglärm Ost (BFO) stösst ins gleiche Horn und schreibt in seinem Newsletter: «100 Tage und kein bisschen weise». Thomas Hardegger, Präsident des Flughafen-Schutzverbands, findet zudem, dass die Regierungsrätin offensichtlich nicht dossierfest ist, und attestiert ihr nicht nur einen «reinen Stadtblick», sondern sogar einen «reinen Schwamendingen-Blick»: «Sie ignoriert, dass die Nordstarts einigen Zürcher Stadtquartieren viel mehr Lärm bringen als die Südstarts in Schwamendingen.»
«Ihre Äusserungen sind sehr, sehr arrogant»
Auch im Aargau und im Thurgau sind viele sauer auf Walker Späh. Josef Imhof, der Präsident des Bürgerprotests Fluglärm Hinterthurgau, hält Walker Spähs Gesprächsankündigung für «lächerlich und zynisch». Auch Armin Zimmermann, Co-Präsident der Aargauer Vereinigung für erträglichen Fluglärm, bezeichnet ihre Äusserungen als «sehr, sehr arrogant».
Er frage sich, welche Bevölkerung die Zürcher Regierungsrätin meine, wenn sie von Dialog rede. «Wenn sie gleichzeitig sagt, die umliegenden Kantone hätten weniger Mitspracherecht, dann zeigt das doch, dass sie gar kein Interesse an einem Dialog hat», sagt er zum «Tages-Anzeiger».
20min, 10.09.2015
Kommentar VFSN:
Über das „zentrale Anliegen“ der 137 Gemeinden muss und darf nicht mehr diskutiert werden. Dazu hatte man vor der Fairfluginitiative, die genau dieses „zentrale Anliegen“ enthielt, genug Gelegenheit. Diese „zentrale Anliegen“ wurden an der Urne mit einem historisch hohen NEIN (fast 80%) abgeschmettert, eine schallende Ohrfeige für die Minderheit der notorischen Fluglärmabschieber. Wenn jetzt Frau Walker die Südstarts geradeaus ablehnt, zeigt es nur, dass sie im Gegensatz zu den „erschütterten Fluglärmgegnern“ dossierfest ist. Dass sie die Abstimmungsresultate, Bundesgerichtsentscheide und Gesetze kennt. Und danach handelt. Was soll daran verkehrt sein? Eine verkehrte Welt ist, das die Tamedia Frau Walker Späh angreift und nicht die 137 Gemeinden für ihr zutiefst undemokratischen Verhalten.Ebenfalls selbstverständlich müsste sein, dass der Kanton Zürich, der 96% des Lärms trägt (egal welche Flugregime zur Anwendung kommt), in Bern Vorrang hat. Wieso sollen die Bedürfnisse der Stadt St. Gallen (über 60 km(!!!) vom Flughafen entfernt, kämpft aber in vorderster Front in der Region Ost mit, fast ein viertel der angeblich lärmbetroffenen der Region Ost wohnen in St. Gallen) gleich behandelt werden wie die Bedürfnisse der Stadt Zürich?