Stefan Hotz
Der Bund will die Wiege der Schweizer Luftwaffe der zivilen Fliegerei erhalten. Anfang Monat wurde bekannt, dass der Bundesrat den Militärflugplatz Dübendorf einer privaten Betreiberin übertragen will. Seither ist viel davon die Rede, was das für den Verkehr in der Luft bedeutet – und für die Lärmbelastung der Anwohner. Etwas untergegangen ist, dass auch am Boden die planerischen Voraussetzungen noch zu schaffen sind, bevor ein kommerzieller Flugbetrieb starten kann. Schliesslich liegt das Areal des Flugplatzes zum grössten Teil in der Landwirtschaftszone.
Kein Gewerbe zulässig
Als die Aviatik-Freunde 2010 erstmals ihre Pläne bekannt machten, zählte prominent die Ansiedlung von Firmen dazu. Die Rede war von 450 bis 500 zusätzlichen Arbeitsplätzen, etwa für die Wartung von Maschinen oder den Innenausbau von Business-Jets. Heute wird das nicht mehr hervorgestrichen. Der Grund ist klar: Der Bund kann, weniger als Eigentümer, sondern primär als Zuständiger für Luftfahrt, den Flugplatz Dübendorf wohl gegen den Willen des Kantons und der Region weiterbetreiben (lassen). Die Kompetenz für Umnutzungen erstreckt sich gemäss Luftfahrtrecht aber nur auf die zu diesem Zweck nötigen Anlagen.
Das geht schon aus den Ausschreibungsunterlagen hervor. In der für Flugplatz-Hochbauten ausgesparten 23 Hektaren grossen Fläche südlich der Piste ist gemäss Luftfahrtgesetz nur zulässig, was ganz oder überwiegend der Fliegerei dient. Erwähnt sind Hangars, Betriebs-, Unterhalts- und Verwaltungsbauten. Sogenannte Nebenanlagen, zum Beispiel Werkstätten, sind dagegen nur gestützt auf einen kantonalen oder kommunalen Nutzungsplan möglich. Das ist, wie es ausdrücklich heisst, heute nicht gegeben – und dürfte angesichts des Widerstand durch den Kanton und die Standortgemeinde gegen den Flugbetrieb auch so bleiben.
Deshalb drängt der Aerospace-Cluster nun in den Innovationspark, den der Kanton am Flughafenkopf plant. Doch es wird schwierig, Unterschlupf zu finden. Der Park ist explizit für Forschung und Entwicklung gedacht; Flugzeugwartung oder -ausbau fallen kaum darunter. Der Regierungsrat hat ohnehin andere Pläne. Als thematische Schwerpunkte im künftigen Innovationspark nannte er im letzten Frühling Life Sciences, Umwelt und Kommunikation, nicht aber Aerospace.
Innovationspark startet eher
Der Versuch der Aviatiker, den Innovationspark als Pfand einzusetzen, verfängt ebenso wenig. Aus der Flugplatz Dübendorf AG wird behauptet, das für Wissenschaft und Forschung vorgesehene Gelände werde erst dann frei, wenn der Flugbetrieb an die zivile Betreiberin übertragen sei. Weil das wegen absehbarer Rekurse eher zehn als fünf Jahre dauern wird, oder noch länger, würde sich der Innovationspark deutlich verzögern. Auf die Frage an das Bundesamt für Zivilluftfahrt, ob diese Verquickung zutreffe, lautet die Antwort im Absprache mit dem VBS unmissverständlich; das sei schlicht falsch. Es ist auch plausibel: Der Innovationspark ist kein Entgegenkommen an Zürich, auch der Bundesrat will ihn. Er hat dem Kanton ja schon grünes Licht für die Planung erteilt, bevor er den Zuschlag an die Flugplatzbetreiberin gab.
Eine erste Etappe dürfte umgesetzt sein, lange bevor der zivile Flugbetrieb starten kann. Umso wichtiger ist es deshalb für dessen Befürworter, dass jene Betriebe, die sich seit dem schrittweisen Rückzug der Luftwaffe 2005 auf dem Flugplatz eingerichtet haben, bleiben können. Auch da sieht es schlecht aus. Erstens könnte diese Geschichte unerfreulich enden: Vor zwei Jahren machte die Finanzkontrolle des Bundes bekannt, dass die Mietverträge undurchsichtig und zum Nachteil des VBS formuliert sind. Seit einem Jahr läuft in dieser Sache eine Strafuntersuchung des Bundesanwaltschaft.
Die Verträge sind bis Ende 2014 befristet – auf den Zeitpunkt, als die Luftwaffe Dübendorf verlassen wollte. Diese Betriebe liegen zudem in einer Zone für öffentliche Bauten am Rand des Flughafens, sind also nicht zonenkonform. Auch das fällt in die Planungshoheit des Kantons. Im Beschluss zum Richtplaneintrag für den Innovationspark schreibt der Regierungsrat, die Mietverträge könnten längstens um zwei Jahre bis Ende 2016 verlängert werden. Danach beginnen im günstigsten Fall die Arbeiten am Innovationspark. Dass die Regeirung hart bleiben will, zeigt ihre Präzisierung, auf die Schaffung neuer Untermietverhältnisse solle verzichtet und das Unterlaufen der Mietverträge durch Gebrauchsleihe unterbunden werden. Auch für die Ansiedlung zusätzlicher Tätigkeiten bestehender Betriebe oder neuer Unternehmungen fehlten die Voraussetzungen.
Fragliche Wirtschaftlichkeit
Ob diese Firmen nach 2016, wenn die Luftwaffe Dübendorf vorerst weiter betreibt, bleiben können, ist offen und wäre mit dem Kanton neu auszuhandeln. Eine Industrie- und Gewerbezone ist auf dem Areal heute nicht vorgesehen. Das belastet das Businessmodell der Betreiberin, das ursprünglich davon ausging, dass die beträchtlichen Investitionen und der Unterhalt in den Flugplatz nicht allein durch Landegebühren, sondern durch zusätzliche Wertschöpfung finanziert werden kann. Das ist ein weiterer Grund für die Zürcher Regierung, die schon in einer Studie des Bundes angezweifelte Wirtschaftlichkeit des zivilen Flugbetriebs in Frage zu stellen. Was aber wenig ändert: «Der volkswirtschaftliche Nutzen steht für den Bund nicht im Vordergrund», schrieb sie Anfang Jahr an den Kantonsrat: «Es geht ihm zur Hauptsache darum, der nationalen Luftfahrt eine strategische Landreserve zu sichern».