UELI ZOSS
Stefan Conrad, Betriebschef des Flughafens, hatte am Donnerstagabend in Zollikerberg einen schweren Stand. Auf die Frage an der Podiumsdiskussion, wie laut denn ein geradeaus über den Zürichsee startendes Flugzeug wäre, legte er sich nicht auf eine Zahl fest. Auch über die exakte Routenwahl der Flugzeuge bei Südstarts blieben präzise Angaben aus. Im Publikum, das sich auf Einladung des Quartiervereins Zollikerberg im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal des reformierten Kirchgemeindehauses eingefunden hatte, ging ein Raunen durch die Menge.
Die Fragerunde dauerte denn auch einiges länger als die Powerpoint-Präsentation von Conrad, dem ehemaligen Swissair-Piloten und Mitglied der fünfköpfigen Geschäftsleitung des Flughafens Zürich. In schneller Abfolge projizierte der 58Jährige Grafiken, Statistiken und Landkartenausschnitte an die Leinwand. Gestrichelte Linien und Pfeile verliefen kreuz und quer über Karten der Region, Lärmemissionen wurden kommentiert, die Rede war vom Ostkonzept mit Starts nach Norden und Landungen aus Osten, von hängigen Verfahren wie dem Bau der Zone West, die Umrollung der Piste 28 sowie vom Herbst 2014: Ab diesem Zeitpunkt soll die in Sachen Fluglärm einjährige Monitoring-Phase mit ersten Anflügen mit der neuen GPS-Technologie beginnen, basierend auf die GBASBodenstation (Ground Based Augmentation System).
Zolliker Massnahmenpaket
Den allzu technischen Angaben konnten viele Zuhörerinnen und Zuhörer nicht folgen, wohl aber den Ausführungen des Zolliker Gemeinderates Jürgen Schütt (Forum 5W). Der Bauvorstand präsentierte die Fülle von Vorstössen, die der Gemeinderat auf politischer Ebene gegen noch mehr Fluglärm unternommen hat. An den Kantonsrat appelliert Zollikon, keine Richtplaneinträge mit Südstarts vorzunehmen, vom Regierungsrat verlangt die Gemeinde, auf Betriebskonzepte, die den Süden tangieren, zu verzichten. «Geht in unserem Sinne stimmen, wenn es zu den Volksabstimmungen zum Flughafen kommt», rief Schütt die anwesenden Bürger auf.
Stefan Conrad ergriff sodann nochmals das Wort. «Falls der Staatsvertrag mit Deutschland wie vorgesehen im Jahr 2020 umgesetzt werden muss, ist die Zeit für betriebliche Anpassungen äusserst knapp bemessen.» Aus diesem Grund erarbeite die Flughafen Zürich AG bereits heute die Grundlagen für das Ostkonzept mit Pistenverlängerungen und Einführung eines gekrümmten Nordanflugs. Südstarts seien eigentlich keine Option, betonte Conrad. Doch das Publikum schenkte ihm keinen Glauben. «Bundesrätin Doris Leuthard forciert ohnehin den Südstart straight», empörte sich ein Zuhörer. «Ihr macht sowieso, was das BAZL will», kritisierte ein anderer das Bundesamt für Zivilluftfahrt.
Stöhlker trieb Conrad in die Enge
Im Publikum sassen auch zwei prominente Bürger. Conrad kannte seine Pappenheimer und wusste wohl, dass sie sich ebenfalls zu Worte melden würden. Der Zumiker Jacob Zgraggen, Gründer der Stiftung gegen Fluglärm, stand denn auch auf und wehrte sich vehement gegen alles, was den Süden betrifft. Der Zolliker Kommunikationsberater Klaus J. Stöhlker – noch nie ein Mann der leisen Töne – trieb Conrad schliesslich so in die Enge, dass dieser nur noch antwortete: «Kein Kommentar.» Noch streckten einige Zuhörer ihre Hände für weitere Wortmeldungen in die Höhe, als Fritz Wolf vom gastgebenden Quartierverein Zollikerberg mit dem Hinweis, es sei für viele Leute ein langer Tag gewesen, den ereignisreichen Abend beendete.
Sprachliche Schwierigkeiten
Zu Südstarts käme es gemäss Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt nur bei bestimmten Witterungsverhältnissen. Doch was das Wetter anbelangt, tut sich das Bundesamt für Zivilluftfahrt aus grammatischer Sicht schwer. Ein Zuhörer am Podium monierte, dass es in den Grundlagenpapieren Abweichungen gebe. In einem Passus heisse es «Südstarts bei Nebel und Bise», in einem andern sei die Rede von «Südstarts bei Nebel oder Bise». Was denn nun richtig sei, wollte der Zuhörer von Stefan Conrad, dem Betriebschef des Flughafens Zürich, wissen. Nebel oder Bise würde zu mehr Starts führen als Nebel und Bise. Conrad wusste keine Antwort. (uz)
ZSZ, 02.11.2013, Seite 7