Falls in nächster Zeit vermehrt Bewohner der Goldküste durch Unterengstringen flanieren, dann wollen sie nur ein Ohr voll nehmen. Auf die Frage, wie laut denn ein geradeaus über den Zürichsee startendes Flugzeug wäre, hat sich Stefan Conrad, der Betriebschef des Flughafens, am Dienstag an einer Podiumsdiskussion nicht auf eine Zahl festlegen wollen. Doch er meinte, aufgrund der Lage zur Westpiste dürfte es gleich tönen wie im Limmattaler Ort.Vertrauen erschüttert
Seit Dezember 2012 hätten sich Starts über Küsnacht von einer «bloss vagen Bedrohung zu einer höchst realen Gefahr gewandelt», schreibt das Bürgerforum Küsnacht. Damals wurde bekannt, dass Bundesrätin Doris Leuthard den «Südstart straight» forcieren will.
Bei der Diskussion unter Leitung von NZZ-Redaktor Andreas Schürer fiel im Küsnachter Kirchgemeindezentrum St. Georg mehrfach die Wendung «Wehret den Anfängen». Für aussergewöhnliche Wetterlagen stelle sich Küsnacht gegenüber den fraglichen Starts nicht stur, meinte Gemeindepräsident Markus Ernst. Doch das Vertrauen in die Verhandlungsfähigkeit des Bundesrats habe mittelmässig gelitten. Es sei doch nicht so, dass die Schweiz gegenüber Deutschland keine Trümpfe in der Hand habe. Michael von Babo vom Bürgerforum betonte, akzeptiere man den Südstart geradeaus auch nur für Ausnahmefälle, werde vermehrt so geflogen. Dann drohe eine Konzentration der Starts im Süden, wo am meisten Menschen dem Lärm ausgesetzt wären. Applaus erhielt von Babo für die Bemerkung, die Wirtschaft sei der Motor des Flughafens, nicht umgekehrt.
Die Aviatikspezialisten auf dem Podium hatten keinen einfachen Stand. Max Schulthess vom Bundesamt für Zivilluftfahrt versicherte, die Möglichkeiten der Südstarts kläre man derzeit wegen eines Beinahe-Unfalls genauer ab. Die Bedingungen, sowohl Nebel als auch Bise, seien nur etwa an 20 Tagen im Jahr gegeben. Sofern die Anflüge über Deutschland noch mehr eingeschränkt würden, favorisiert der Flughafen laut Stefan Conrad eindeutig das Ostkonzept – Starts nach Norden und Landungen aus Osten. Jürg Schmid, der frühere Sicherheitschef von Swiss und Skyguide, meinte, der Flughafen in Kloten sei mit drei Pisten, die sich alle kreuzen, in der Tat sehr schwierig zu fliegen und komme betrieblich an den Anschlag.
Besuch aus SchwamendingenAn der Goldküste, die seit 10 Jahren mit den Südanflügen lebt, ist das Misstrauen mittlerweile gross. Das zeigten die Voten aus dem Publikum, aus denen Sorge über eine ungebremste Zunahme des Flugverkehrs und auch Furcht vor Flugunfällen sprach. Die Zuhörer reagierten ungehalten über die Weigerung der Vertreter von Bund und Flughafen, klare Angaben über den erwarteten Lärm zu liefern. Applaus erhielt dagegen Maya Burri, die Präsidentin des Quartiervereins Schwamendingen. Sie beschrieb, wie man im unmittelbaren Süden des Flughafens neben den seit 2003 landenden schon seit Jahrzehnten startende Maschinen erträgt.
Stefan Hotz