asü. Auf der Pressereise nach Singapur, auf der die Airline Swiss ihre zusätzliche Verbindung nach Asien zelebrierte, war Harry Hohmeister nicht nur zum Feiern zumute. Aus der sicheren Distanz hat der Swiss-Chef auch noch einige Giftpfeile in Richtung des Heimatflughafens in Zürich abgefeuert. Die Gebührenerhöhung, die dieser plant, ist für Hohmeister, wie er gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagte, «nichts anderes als ein Griff in die Kasse der Airlines». Der Flughafen Zürich gehöre heute schon zu den teuersten in Europa und müsse wettbewerbsfreundlicher werden. Für die Swiss sei der Durchschnittserlös pro Passagier seit 2008 um 30 Prozent gesunken. Dies müssten die Verantwortlichen der Zulieferer, zu denen der Flughafen gehöre, erkennen und als Zielvorgabe nehmen, zumal es ja die Swiss sei, die die meisten Passagiere nach Zürich bringe. Sollten die Gebühren dennoch steigen, müsse sich die Swiss überlegen, die Kapazitäten herunterzuschrauben, mit allen unangenehmen Folgen wie etwa Jobverlusten. Auch ein Umzug nach Wien sei denkbar: «Die Investitionen müssen da hingehen, wo wir das Geld verdienen.»
Bern ist Schiedsrichter
Die Unzufriedenheit der Swiss über die Gebührenerhöhungen ist schon länger bekannt, der Streit schwelt seit Monaten. Die aggressive Tonalität Hohmeisters deutet darauf hin, dass sich der Flughafen und die Swiss nicht nähergekommen sind. Die Verhandlungen über das neue Gebührenmodell, an denen auch Vertreter der anderen Airlines, der General und der Business-Aviation sowie der Luftfracht beteiligt sind, sollten bis Ende Juni zu einem Ergebnis führen, eine Fristverlängerung um zwei Monate ist möglich. Ist bis Ende August keine Lösung gefunden, muss der Flughafen dem Bundesamt für Zivilluftfahrt einen Vorschlag unterbreiten – dieses erlässt dann eine Verfügung, die wiederum vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden kann.
Airport als Shoppingcenter
Hohmeister verspricht sich von seiner Offensive offenbar, Druck aufbauen zu können. Bemerkenswert ist, dass er sich zu diesem Zweck des Vokabulars der linken Flughafenkritiker und Bürgerorganisationen bedient. Das Grossprojekt Circle etwa brauche die Swiss nicht, der Flughafen müsse sich aber überlegen, wo er die Prioritäten setzen wolle: «Will man ein weiteres Einkaufszentrum als Konkurrenz zum Glattzentrum oder eine effiziente Verkehrsinfrastruktur?» Die Flughafensprecherin Sonja Zöchling sagt dazu zur NZZ: «Erstens wird der Circle kein Shoppingcenter, und zweitens wird dieses Projekt keine Auswirkungen haben auf die Fluggebühren, da es über eine eigene Gesellschaft finanziert werden soll.»
Auch sonst sorgt Harry Hohmeisters Grussbotschaft aus Singapur beim Flughafen Zürich für Unverständnis. Der Flughafen-CEO Thomas Kern verweist darauf, dass die vertraulichen Verhandlungen noch am Laufen seien. Es sei wichtig, dass die Gespräche unabhängig von öffentlichen Schuldzuweisungen geführt und abgeschlossen werden könnten. Grundsätzlich hält er aber fest: «Weil wir auch in Zukunft jedes Jahr über 200 Millionen Franken in die Verkehrsinfrastruktur am Flughafen Zürich investieren müssen und weil wir für unsere Partner die hohe Qualität im Betrieb beibehalten wollen, sind Gebührenanpassungen unumgänglich.»
Ausbauten stehen tatsächlich bevor, so etwa der Bau neuer Standplätze, die Sanierung der Pisten – und je nach Ausgang des Sachplanverfahrens Umrollungen, Schnellabrollwege und Verlängerungen der Pisten 28 und 32. Dass der Flughafen dafür die Gebühren erhöhen will, ist ein offenes Geheimnis – so erinnerte er mehrfach daran, dass zum Beispiel die Landegebühren seit 1984 unverändert geblieben sind und dass die letzte Anpassung der Passagiergebühren auch schon wieder zehn Jahre zurückliege. An der kürzlichen Bilanzmedienkonferenz betonte Kern, dass sich der Flughafen bezüglich der für die Fluggesellschaften relevanten Gebühren im europäischen Mittelfeld befinde – Hohmeisters Vorwurf, Zürich gehöre zu den teuersten Flugplätzen Europas, lässt Kern also nicht gelten. Sein Vergleich, den er immer wieder hervorstreicht: In der Abfertigung von A320- und A340-Maschinen ist Zürich günstiger als die wichtigen Lufthansa-Hubs Frankfurt und München. Zudem sei die Qualität der Leistung in Zürich laut Passagierbefragungen besser als etwa in Frankfurt.