Susanna Ellner
Für den Regensdorfer Gemeindepräsidenten Max Walter gibt es nichts zu beschönigen: «Was da geschieht, ist illegal.» Nicht weniger emotional tönt es aus Dällikon: «In der Schweiz darf man Probleme offenbar nicht mehr durch simple Gespräche lösen, sondern wird gezwungen, juristisch vorzugehen», sagt Gemeindepräsident René Bitterli. Grund für die Verärgerung der beiden ist eine vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesene Beschwerde. Regensdorf und Dällikon hatten sich darin gegen zusätzlichen Fluglärm gewehrt. Unterlegen waren sie mit ihrer Klage formaljuristisch: Sie hatten sie laut Urteil zu spät eingereicht. Somit ging das Gericht nicht auf den Inhalt der Beschwerde ein. Dabei hätten die beiden Gemeinden diesbezüglich gute Erfolgschancen gehabt: Im Jahr 2010 hatte das Bundesgericht entschieden, dass der Flughafen im Jahr 1999 den Abdrehpunkt von startenden Flugzeugen sowie die Flugrouten widerrechtlich verschoben hatte. Zugleich sollte bezüglich Lärmbelastung laut damaligem Urteil der Zustand von vor 1999 wiederhergestellt werden.
Der Rechtsstreit schien im März 2012 beigelegt. So versetzte der Flughafen den Abdrehpunkt leicht nach Westen, wie es die beschwerdeführenden Gemeinden verlangt hatten. Doch bald merkte man im Furttal: Weniger Fluglärm brachte die Änderung nicht, im Gegenteil. Grund dafür war ein anderer Abdrehwinkel der Flugzeuge, der mit der unpräzisen Programmierung der Bordcomputer zu tun hatte (NZZ 29. 11. 12). Da die Lärmbelastung somit nicht wie vor 1999 war, waren die beiden Gemeinden der Meinung, dass das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) und der Flughafen das Urteil des Bundesgerichts nicht umgesetzt hatten, und verlangten energisch Nachbesserungen. «Vom Flughafen wurden wir darauf mit angeblichen Korrekturmassnahmen vertröstet», sagt Walter. Und auch das Bazl liess vorerst nichts von sich hören. Erst im Oktober 2012 kam ein Brief, in dem das Bazl feststellte, aus seiner Sicht sei es dem Urteil des Bundesgerichts im Dezember 2011 nachgekommen. Dällikon und Regensdorf reagierten umgehend auf dieses Schreiben und reichten eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein – doch da war es bereits zu spät. In seinem Urteil rügt das Gericht das Bazl zwar nun wegen eines groben Verfahrensfehlers. So hätte es seine Verfügung den Gemeinden vorschriftsgemäss zustellen sollen. Doch am Urteil ändert das nichts: Die Gemeinden sind mit ihrer Klage wegen eines Formfehlers gescheitert. «Das akzeptieren wir nicht und ziehen die Sache deshalb vor Bundesgericht», sagt Walter.
Auf Anfrage stellt sich der Flughafen auf den Standpunkt, seine Aufgabe erledigt zu haben. Der Abdrehpunkt sei versetzt, die Bordcomputer seien inzwischen angepasst worden. «Wir sehen keinen weiteren Handlungsbedarf und haben sicherlich keine schlechten Absichten gehabt», sagte Sprecherin Sonja Zöchling. Zu bedenken sei, dass die beschwerdeführenden Gemeinden in den letzten Jahren gewachsen seien und sich eine zunehmend grössere Zahl von Personen durch den Lärm gestört fühlt. Nur schon deshalb werde es nicht möglich sein, einen Zustand wie vor 1999 herzustellen.
Ob das Bazl die Gemeinden zu spät informiert hat, ist derzeit Gegenstand des laufenden Verfahrens. Dessen Sprecher Urs Holderegger möchte sich aus diesem Grund zu dem Punkt nicht äussern. Mittlerweile sei aber klar, dass die Routenführung das eigentliche Problem sei und den Gemeinden den zusätzlichen Lärm beschere. Diesbezüglich sei man mit Regensdorf und Dällikon im Gespräch. Eine allzu rasche Besserung ist jedoch nicht in Sicht: Da die Flugrouten an das internationale Luftstrassensystem andocken, dürfen sie nicht eigenhändig geändert werden, sondern bedürfen einer Absprache mehrerer Länder.