von Lukas Hässig
Lufthansa tut der Swiss gut. Mit mehr Passagieren, besserer Qualität und viel Autonomie gilt der Verkauf ins Ausland vom 2005 bisher als Erfolgsstory. Dass die Deutschen das Sagen haben, ist egal: Hauptsache, die Flüge sind voll und die Kasse klingelt.
Nun aber ist die Mutter in Frankfurt in einen tiefen Krisenstrudel geraten. Mit der in der Zentrale ausgebrochenen Alarmstimmung legt Frankfurt den Schweizern die Daumenschrauben an.
Muss Swiss eigene Informatik abgeben?
Das zeigt sich exemplarisch an der Informatik. Die Swiss hat dort weitgehend ihr Eigenleben bewahren können. Jetzt läuft nach Informationen von 20 Minuten Online ein Projekt, mit dem Teile der Swiss-IT nach Frankfurt verschoben werden sollen. Weil die Informatik in jedem Unternehmen strategisch ist, fragt sich, wie stark die bisherige Unabhängigkeit der Swiss in Gefahr gerät.
Swiss gibt Entwarnung. «Es sind keine signifikanten Änderungen im IT-Bereich bei Swiss geplant», sagt Sprecherin Susanne Mühlemann auf Anfrage. «Fakt ist, dass der Betrieb der IT-Infrastruktur künftig enger mit den anderen Konzerngesellschaften koordiniert wird, damit einher geht aber kein Arbeitsplatzabbau». Anpassung, kein Kahlschlag, lautet die Sprachregelung.
Insider berichten hingegen, dass das laufende Effizienzprogramm sehr wohl Auswirkungen auf die IT der Swiss habe. Entscheide seien zwar noch keine gefallen, doch je nachdem, wie diese aussehen, könne die Swiss nicht mehr autonom über gewisse Geschäftsprozesse entscheiden.
Boeing-Kauf verlangt nach Gewinnverdoppelung
Wie auch immer: Klar ist, dass im ganzen Lufthansa-Konzern das Sparfieber ausgebrochen ist. Die Zahlen der Aviatik-Gruppe sind tief in den Keller gerasselt, querbeet wird nach Einsparungen und mehr Effizienz gesucht.
Linderung verschaffen soll Score, ein Spar- und Fitnessprogramm der Lufthansa-Gruppe. Ziel ist eine Rückkehr zu Gewinnen, die ab 2015 die geplanten Investitionen, darunter der Kauf von 6 Boeing-Maschinen des Typs 777 für die Swiss, möglich machen.
Die Swiss als bisheriger Musterknabe im Lufthansa-Reich trifft es besonders hart. Fast ohne Vorwarnung ist die Tochter von Sonnenschein in einen Tornado geraten. Im letzten Jahr stürzte der operative Gewinn um einen Drittel auf rund 200 Millionen Franken ab. Um die Score-Vorgaben aus Frankfurt zu erreichen, brauchts doppelt so viel.
Mediales Powerplay
Was die Swiss in dieser Phase am wenigsten benötigt, sind höhere externe Kosten. Doch genau das droht ihr von Seiten des Flughafens in Zürich. Dort will die Betreiberin Flughafen Zürich AG die Gebühren offenbar um rund einen Viertel erhöhen, schrieb die NZZ am Sonntag. Die Swiss wollte sich nicht zu den laufenden Gesprächen äussern.
Auch der Flughafen hält sich bedeckt, was die konkreten Verhandlungen betrifft. Eine Sprecherin bestätigt lediglich, dass die Flughafen AG «mittelfristig in der Lage» sein wolle, «mit ihren Gebühren die Kosten im Fluggeschäft» zu decken. «Bei der ganzen Gebührendiskussion darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass zum Beispiel die Landegebühren am Flughafen Zürich seit 1984 unverändert geblieben sind und dass die letzte Anpassung der Passagiergebühren auch schon wieder 10 Jahre zurück liegt», sagt Sonja Zöchling von der Zürich Flughafen AG.
Ablenkungsmanöver der Swiss?
In den Augen der Swiss handelt es sich um Klagen auf hohem Niveau. Der Flughafen schreibt stolze Zahlen und verdient je nach Rechnung gegen 20 Prozent auf dem umgesetzten Franken. Wenn er auch noch sein chronisches Defizit im Fluggeschäft in eine schwarze Null verwandelt, dann würde der Gewinn noch stärker steigen. Schon jetzt liegt die Flughafen-Aktie auf 440 Franken, nur 100 unter dem Allzeithöchst vor der Finanzkrise.
Die Rechtslage gibt dem Flughafen gute Chancen im anstehenden Poker. Das Gesetz schiebt lediglich dann einen Riegel, wenn Wucher durch Ausnützen des Monopols vermutet wird. Hingegen lässt es zu, dass die Schweizer Flughäfen in ihrem Kerngeschäft Fliegen ein ausgeglichenes Resultat erzielen. Wenn dafür höhere Gebühren nötig sind, ist das grundsätzlich erlaubt.
Die nächsten Monate wird verhandelt, am Ende würde der Bund entscheiden, falls sich die Streithähne Swiss und Flughafen nicht einig werden. Dass die Preiserhöhungen gerade jetzt publik werden, könnte mit dem Druck aus Frankfurt zusammenhängen. Je mehr die Swiss-Spitze dem Flughafen abliefern muss, desto schärfer muss die Airline andernorts auf die Bremse treten.