Bazl setzt sich über Bundesgerichtsurteil hinweg (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Trotz gegenteiligem Entscheid des Bundesgerichts darf der Flughafen Zürich wieder nächtliche Messflüge durchführen. Für Fluglärmgegner ist klar: Der Bund schützt damit die Kommerzinteressen des Flughafens.

Ab heute Montag bis zum 23. März darf der Flughafen Zürich zwischen 23.30 Uhr und 2 Uhr morgens Messflüge durchführen. Dies hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) auf Gesuch des Flughafens bewilligt. Eine zweite Serie ist zudem für Ende August geplant. Mit den Messflügen soll die Genauigkeit der Navigationsanlagen des Flughafens überprüft werden. Dies ist laut internationalen Luftfahrtnormen zweimal jährlich obligatorisch.

Der Entscheid des Bazl, die nächtlichen Messflüge durchzuführen, widerspricht einem Bundesgerichtsurteil vom Dezember 2010. Darin wurden «die Ausnahmen für Post- und Messflüge zur Nachtzeit» aufgehoben. Die Nachtruhe der Anwohner sei höher zu gewichten, und Messflüge könnten auch zu weniger verkehrsintensiven Zeiten – zum Beispiel am Nachmittag – durchgeführt werden.

Dass die Messflüge nun auch wieder auf die Nacht gelegt werden, ist für Thomas Morf, Präsident des Vereins Flugschneise Süd – Nein (VFSN), ein Skandal: «Das Bazl setzt sich schlicht über das Bundesgericht hinweg und amtet als Handlanger der Interessen des Flughafens.» Für Morf ist klar, dass unter den Messflügen die gesamte Bevölkerung rund um den Flughafen zu leiden hat.

Nachtflüge nur auf Gesuch

Das Bazl argumentiert, es habe auf das Urteil des Bundesgerichts mit einer Revision der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt im Frühling 2011 reagiert, wie Bazl-Sprecher Urs Holderegger erklärt. Die Neuregelung lasse Messflüge in der Nacht nicht grundsätzlich zu, sondern nur, wenn der Flughafen ein entsprechendes Gesuch stelle, das vom Bazl dann beurteilt werde.

Im März 2011 sei es während eines tagsüber durchgeführten Messfluges zu einem Zwischenfall gekommen. Beinahe wären zwei Linienmaschinen kollidiert, weil ein Fluglotse zu sehr mit den Messflügen beschäftigt war. «Als Reaktion auf den Vorfall hat die Flughafen Zürich AG ein Gesuch für die Messflüge im Sommer und Herbst 2011 gestellt. Dieses, wie auch die Gesuche für die Messperioden im Frühling und Herbst der Jahre 2012 und 2013, wurde vom Bazl nach Prüfung der jeweiligen Umstände bewilligt», erklärt Holderegger.

Für VFSN-Präsident Morf ist das Sicherheitsargument allerdings ein reiner Vorwand: «Warum stellt die Skyguide nicht einfach einen Lotsen mehr ein und führt die Testflüge am Tag durch?» Der Bazl-Entscheid sei schlicht zustande gekommen, um die kommerziellen Interessen des Flughafens zu stützen: «Die Skyguide spart Stellen und der Flughafen kann tagsüber mehr Flüge, zum Beispiel von Privatflugzeugen, abwickeln.»

Nicht wegen kommerzieller Interessen

Dem widerspricht die Skyguide: «In Spitzenzeiten wird schon jetzt ein zusätzlicher Lotse situativ aufgeboten, der bei der Koordination der verschiedenen Verfahren oder bei Messflügen tagsüber Hand bietet», erklärt deren Sprecher Vladi Barrosa. Dies sei eine der Massnahmen, die nach dem Vorfall vom 15. März 2011 getroffen wurden. «Die Messflüge finden sowohl aus Sicherheits- wie auch aus messtechnischen Gründen in der Nacht statt und um die Komplexität der Ab- und Anflugbedingungen in Zürich nicht zusätzlich zu verschärfen.»

Auch beim Flughafen Zürich gibt man an, dass die nächtlichen Messflüge nichts mit kommerziellen Interessen zu tun hätten: «Messflüge müssen periodisch durchgeführt werden, um die Landesysteme auszumessen. Die Interessen liegen hier ganz klar auf Sicherheit im Flugbetrieb und die Zeit ihrer Durchführung hat rein gar nichts mit kommerziellen Interessen, sondern mit betrieblichen Möglichkeiten zu tun.» Zudem müssten Messflüge nach wie vor auch tagsüber durchgeführt werden, «um die Anlagen im Sichtflug zu testen».

Tages-Anzeiger, 11.03.2013



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