Ungleiche Absturzkorridore beim Flughafen Zürich (infosperber)

Publiziert von VFSNinfo am
Die jüngste Sicherheitsstudie von Bazl, Skyguide, Swiss etc. klammert ausgerechnet die Risiken der Bevölkerung aus.

Heiner Graafhuis

Im Flugkorridor bei Landungen und Starts auf der Südseite des Flughafens in Kloten wohnen rund 150\'000 Einwohner; unter dem Ostanflug rund 46\'000. In der Flugschneise im Norden leben noch erheblich weniger, nämlich rund 24\'000 Einwohner (jeweils bis zur Überflughöhe von 1500 Metern). Wenn ein Flugzeug beim Landen oder Starten abstürzt, werden im Süden sechsmal mehr Menschen gefährdet als bei einem Anflug über den Norden. Doch Flughaben, Swiss und Bundesbehörden wollen An- und Abflüge «aus Sicherheitsgründen» ausgerechnet im Süden forcieren.

Fluglobby gab Studie in Auftrag

Sie stützen sich auf eine neue Beurteilung der Sicherheit des Flugbetriebs, welche die extrem unterschiedlichen Zahlen der betroffenen Bevölkerung unter den verschiedenen Flugschneisen vollständig ignoriert. Das erstaunt kaum, wenn man weiss, dass die Studie unter Leitung der Flughafen Zürich AG erstellt wurde. In Auftrag gegeben hat sie das sogenannte «Koordinationsgremium Flugoperationen Flughafen Zürich» KFFZ. Diesem «Gremium» gehört ausschliesslich die Flughafen-Lobby an: Das Bundesamt für Zivilluftfahrt Bazl, die Flughafen Zürich AG, die Flugraumüberwachung Skyguide, Vertreter der Lufthansa-Tochter Swiss und die Schweizer Luftwaffe.

Sicherheit der Bevölkerung ausgeklammert

Als Ergebnis hat das «Gremium» eine sehr detaillierte, systematische, aber unvollständige Sicherheitsstudie veröffentlicht: Sie hat den wichtigsten Sicherheitsaspekt bewusst ausgeklammert: Die Sicherheit der Bevölkerung. Kein Verkehrsplaner käme zum Beispiel beim Planen von Wohn- und Gewerbezonen auf die Idee, die Risiken und den Schaden des motorisierten Verkehrs auf die Wohnbevölkerung einfach wegzulassen. Dabei muss der Schutz von Unbeteiligten höchste Priorität haben.

Man muss den Autoren der unvollständigen Studie zugute halten, dass sie ausdrücklich festhalten:

«Nicht berücksichtigt werden folgende Aspekte:

  • Auswirkungen auf Dritte am Boden ausserhalb des Flughafens. Dies betrifft den Lärm, aber auch die Sicherheit im Sinne der Third Party Risks.»

Meine Fragen:

Als ausgebildeter Statistiker und Verfahrensforscher frage ich:

  • Wie kann man das Risiko eines Flughafens beurteilen, ohne das erhebliche, jedoch unterschiedliche Risiko für die Bevölkerung am Boden zu berücksichtigen?
  • Wie können Massnahmen zur Eindämmung des Risikos bewertet werden, wenn sie zwar einen Flugzeugzusammenstoss berücksichtigen («Midair Collision im Bereich TMA Zürich»), dabei aber die Folgen, die ein Absturz für die darunter lebende Bevölkerung hat, ausklammern?
  • Warum hat die Studie den gekrümmten Nordanflug, der bereits seit über zehn Jahren bearbeitet wird, als Variante nicht einmal einbezogen?
  • Gibt sich der Zürcher Regierungsrat mit dieser lückenhaften Untersuchung zufrieden?

Infosperber, 07.03.2013


Themenbezogene Interessen (-bindung) der Autorin/des AutorsDer Autor, dipl. math. ETH, ist Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung gegen den Fluglärm SgFL.