Schweizer Schlappe vor dem höchsten EU-Gericht (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Gerichtshof der EU hat den Schweizer Rekurs im Fluglärmstreit rundweg abgewiesen. Damit ist der 2003 beschrittene Rechtsweg auf europäischer Ebene ausgeschöpft.

René Höltschi, Brüssel

Was schon lange zu erwarten war, ist am Donnerstag eingetroffen: Der Gerichtshof der Europäischen Union, das EU-Höchstgericht, hat den Rekurs der Schweiz im Streit um die deutschen Beschränkungen für An- und Abflüge zum und vom Flughafen Zürich von 2003 in sämtlichen Punkten abgelehnt. Damit ist der Rechtsweg auf europäischer Ebene ausgeschöpft. Mit dem umstrittenen neuen Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland zum Flugverkehr und -lärm, dessen Ratifikation der Ständerat beschlossen hat, hat das Verfahren direkt nichts zu tun. Das für Bern negative Urteil könnte indessen die deutsche Position stärken, sollte der Vertrag scheitern und Berlin weiter auf eine einseitige Verordnung zur Regelung des Überflugs von süddeutschem Gebiet auf dem Weg vom und zum Flughafen Zürich abstellen.

Lange Vorgeschichte
Zu beachten ist, dass es vor den EU-Gerichten nicht um eine Schweizer Klage gegen Deutschland, sondern gegen die Europäische Kommission ging. Nachdem Deutschland 2003 unilaterale Vorgaben für den Überflug von Süddeutschland am Abend und am frühen Morgen erlassen hatte, reichte Bern im Juni 2003 bei der Kommission eine Beschwerde ein und ersuchte sie, Deutschland die Anwendung dieser Restriktionen zu untersagen. Die Schweiz sah darin einen Verstoss gegen das mit der EU abgeschlossene bilaterale Luftverkehrsabkommen und das mit diesem übernommene EU-Recht. Die EU-Kommission teilte diese Auffassung nicht und entschied im Dezember desselben Jahres, dass Deutschland die Massnahmen weiter anwenden dürfe.

Diesen Entscheid der Kommission hat Bern beim EU-Gericht in Luxemburg angefochten. Doch das Gericht schmetterte die Klage im September 2010 mit aller Deutlichkeit ab. Hierauf hat die Schweiz beim Gerichtshof Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Verdikt eingelegt, um die Aufhebung des Urteils und der Entscheidung der Kommission zu erwirken. Doch das am Donnerstag veröffentlichte Urteil des Gerichtshofs weist fünf der sechs von der Schweiz vorgebrachten Gründe zurück, während es den sechsten als «ins Leere gehend» bezeichnet. Deshalb lehnt es den Rekurs insgesamt ab.

Blosse Änderung der Flugwege
Der Gerichtshof bestätigte laut seiner Pressemitteilung insbesondere, dass die deutschen Massnahmen kein Verbot des Durchflugs des deutschen Luftraums implizieren, sondern «eine blosse Änderung der Flugwege nach dem Start von oder vor der Landung auf dem Flughafen Zürich». Ausserdem bestätigte er, dass der Kommissionsentscheid nicht gegen den EU-Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit verstossen habe, da dieser im Rahmen des bilateralen Luftverkehrsabkommens keine Anwendung finde. Darüber hinaus teilt der Gerichtshof die Auffassung sowohl der Kommission als auch der ersten Instanz, dass es nicht erforderlich war, bei der Prüfung der deutschen Massnahmen die Rechte des Flughafenbetreibers und der Anwohner des Flughafens Zürich zu berücksichtigen.

Laut dem Urteil muss die Schweiz nicht nur ihre eigenen Kosten für das gesamte Verfahren, sondern auch jene der Kommission übernehmen. Deutschland und der Landkreis Waldshut hingegen, die die Kommission im Rechtsstreit unterstützt haben, haben ihre eigenen Kosten selbst zu tragen.

NZZ, 07.032013.



Kommentar VFSN:
Die Schweiz wird also nicht benachteiligt, sondern nur gezwungen zu bestimmten Zeiten andereAn- und Abflugwege zu nutzen.
Mit der gleichen Begründung könnten dementsprechend auch die Transitachsen durch die Schweizfür Deutsche LKW und Urlauber die in den Süden brausen gesperrt werden. Alternative Strassengibt es ja genügend.
Auf der Basis einer solchen Geisteshaltung ist ein friedliches und prosperierendes Zusammenlebenvon Nationen nicht denkbar.
Das Urteil wie auch die Haltung der Süddeutschen Länder ist ein Armutszeugnis auf der ganzen Linie.