Wie der Kanton Zürich einen Zivilflughafen Dübendorf verhindern kann (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Bund ist gegenüber Kantonen und Gemeinden am längeren Hebel. In Dübendorf aber kann der Kanton die Pläne des Bundes durchkreuzen. Der Schlüssel dazu ist der kantonale Richtplan.

Grosse Empörung hat der Bundesrat am vergangenen Donnerstag in Zürich ausgelöst, als er verkündete, den Flugplatz Dübendorf während 20 Jahren für die Geschäfts- und Kleinfliegerei freizugeben. Der Kantonsrat hat die Debatte heute Montagmorgen während zwei Stunden fortgeführt. Die Fronten blieben gleich: SVP und EDU stehen hinter dem Bund, alle anderen Parteien kritisierten den Entscheid mit harten Worten.

Das konkrete Resultat: Mit 111 zu 56 Stimmen hat das Parlament den Regierungsrat beauftragt, einen Bericht zur neuen Situation zu verfassen. In den Vordergrund rücken wird bald die Frage, wie der Kanton sich überhaupt zur Wehr setzen kann. Denn meist bricht Bundesrecht kantonales oder kommunales Recht.

Pingpong um Richtplan

In diesem Fall könnte der Kanton Zürich dem Bund aber die Suppe versalzen. Das stärkste Mittel ist der kantonale Richtplan. Dieser wird derzeit einer Gesamtüberprüfung unterzogen und ist gerade Thema in zwei Parlamentskommissionen. Diese brüten über dem Vorschlag des Regierungsrats, der in den Plan unter «Ziele» folgenden Satz hineingeschrieben hat: «Auf dem Flugplatzareal Dübendorf soll künftig kein Flugbetrieb mehr stattfinden. Einzig eine weitere Stationierung der Rega wird nicht ausgeschlossen.» Als Massnahme führt die Regierung die Anpassung der Lärmkurven an.

Angesichts der Mehrheiten ist klar, dass sich die Regierung durchsetzen wird. Allerdings muss der Bund jeden kantonalen Richtplan bewilligen. Er kann den Zürcher Richtplan also ablehnen. Aber er kann dem Kanton nicht vorschreiben, was er einzutragen hat. Es resultierte also der Status quo, wie der grüne Kantonsrat Robert Brunner gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet sagt. Und der Status quo besagt: Militärfliegerei, Landwirtschaftszone. Aber keine Business Aviation.

Es droht eine Blockade

FDP-Kantonsrätin Gabriela Winkler, die als Erste einen neuen Regierungsbericht verlangt hat, sprach von einer «nachgerade italienischen Pattsituation». Denn solange man sich nicht einigt, ist in Dübendorf auch kein Innovationspark möglich, den alle Parteien links der SVP fordern. Winkler thematisierte auch den «Zulassungszwang», dem der Flughafen Zürich gemäss Luftfahrtrecht untersteht. Dieser Zulassungszwang bedeutet, dass Kloten der Kleinfliegerei den Flughafen zur Verfügung stellen muss.

Würde man Business- und Kleinfliegerei aus Kloten auslagern, müsste auch das Betriebsreglement geändert werden, wobei Winkler Grauzonen beklagte. In dieser Situation könnte der Regierungsrat «durch wen auch immer umdribbelt werden», befürchtet sie. Die Regierung führt aber an, dass Betriebskonzession und -bewilligung sowie das Betriebsreglement vom Kanton, den betroffenen Gemeinden, Organisationen und Privaten bis vor dem Bundesgericht angefochten werden könnten.

Dübendorf als 4. Piste des Flughafens

Heiss diskutiert wurde heute Morgen auch, dass sich der Flughafen Zürich nicht von den Plänen des Bundes distanziert hat. Diverse Sprecher verdächtigten den Flughafen, eine «4. Piste» in Dübendorf zu wollen, um seinen Betrieb von den Geschäfts- und Leichtflugzeugen zu entlasten. Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (SVP), der im Verwaltungsrat des Flughafens sitzt, stellte aber klar, dass dies nicht angestrebt werde. Notfalls würde die Kantonsvertretung im Flughafen-VR ihr gesetzlich gesichertes Vetorecht in Anspruch nehmen.

Dass der Flughafen Zürich den Flugplatz Dübendorf auch nicht betreiben wolle, habe er in der Stellungnahme zur am Donnerstag publizierten Studie des Bundes über die künftige Nutzung klargestellt, so Stocker.

Stocker schwächt Empörung ab

Stocker, der sich am Donnerstag noch scharf gegen das Vorgehen des Bundes geäussert hatte, war bemüht, die Wogen etwas zu glätten. Er betonte, der Bundesrat habe ja erst entschieden, eine zivilaviatorische Nutzung in Dübendorf zu «prüfen». Es sei kein weltbewegender Entscheid gefallen, betonte er. Zudem habe der Bund zugesichert, eine Umnutzung vom militärischen zum gemischten Betrieb nicht ohne die Zustimmung des Standortkantons und der Gemeinden zu vollziehen. «Es erträgt keinen zweiten Zivilflughafen im dicht besiedelten Glattal», sagte Stocker abschliessend.

Der Kanton hat noch eine weitere Handhabe. Der Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) müsste abgeändert werden, wenn Dübendorf nicht mehr nur militärisch genutzt würde. In diesem zeitaufwendigen Verfahren könnte der Kanton Zürich ebenfalls Obstruktion betreiben. Zudem müssen SIL und Richtplanung zwingend aufeinander abgestimmt sein.

Tages-Anzeiger, 04.03.2013




siehe auch:
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