Andreas Schürer
Die Lesart des am Donnerstag veröffentlichten Sicherheitsberichts zum Flughafen Zürich ist höchst unterschiedlich. Für das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) zeigt er, dass der Flughafen heute ausreichend sicher betrieben wird, dass aber die Sicherheitsmarge mit einer Reihe von Massnahmen verbessert werden kann (NZZ 22. 3. 13). Kritischer fällt die Wertung von Aerocontrol aus. Der Berufsverband der Flugverkehrsleiter liest aus der Sicherheitsüberprüfung, dass das heutige System nicht nach dem Grundsatz «Safety first» betrieben werde. Die im Bericht aufgezeigten Risiken würden vor allem durch lärmpolitische Kompromisse hervorgerufen und machten die Flugsicherung in Zürich zu einem hochkomplexen System mit zu geringer Fehlertoleranz, schreibt Aerocontrol.
Lotsen wollen Südstarts
Der Verband fordert, dass Kreuzungen von Flugzeugen am Boden und in der Luft minimiert werden. Als wirksame Massnahme greift Aerocontrol die auch im Bericht vorgeschlagenen Südstarts geradeaus ab der Piste 16 auf. Dank diesen könne das fehleranfällige Bisenkonzept mit der Startpiste 10 sistiert werden. Zwingend ist für die Flugverkehrsleiter auch eine Aufwertung des Ostkonzepts – inklusive Pistenausbau. Ohne rasche Umsetzung der Massnahmen müsse über eine Reduktion der Kapazität nachgedacht werden.Wunschkatalog des Flughafens
Für einen Skandal hält den Sicherheitsbericht Thomas Morf, Präsident des Vereins Flugschneise Süd – Nein. Es sei kaum ein Zufall, dass die vorgeschlagenen Massnahmen exakt dem Wunschkatalog des Flughafens entsprächen. So werde unter dem Deckmantel der Sicherheit eine Kapazitätsmaximierung angestrebt; das Bazl trete dabei einmal mehr als Handlanger des Flughafens auf. Für zynisch hält Morf, dass der Südstart geradeaus als sicher propagiert wird: «Kein anderes Startverfahren führt über dichter besiedeltes Gebiet – das Absturzrisiko ist den Verantwortlichen offenbar völlig egal.» Bazl-Sprecher Urs Holderegger widerspricht: Aufgabe des Sicherheitsberichtes sei explizit die Untersuchung der betrieblichen Sicherheit des Flughafens gewesen. Das Bazl sei lediglich Auftraggeber des Berichts, der von den involvierten Akteuren am Flughafen verfasst wurde.
Für die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion ist die Aussage im Bericht zentral, dass der Betrieb heute sicher sei. Sprecher Erich Wenzinger betont, dass die Untersuchung nur die Sicherheit thematisiere. Für die Beurteilung künftiger Betriebsvarianten müssten aber die Lärmbelastung, die Kapazität sowie umweltrechtliche Fragen einbezogen werden. Unverändert sei die Haltung des Regierungsrats zu den Südstarts geradeaus, sagt Wenzinger: «Wir akzeptieren sie bei Nebel und Bise, im Regelfall kommen sie für uns aber nicht infrage – auch nicht in den Spitzenzeiten.»