Flugsicherheit: Experten beim Bund schlagen Alarm (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Fachleute des Bundesamtes für Zivilluftfahrt kritisieren mit Blick auf den Staatsvertrag mit Deutschland, dass der Lärmschutz stärker gewichtet wird als die Sicherheit.

Aus Lärmschutzgründen und wegen des Staatsvertrags mit Deutschland wird das Betriebskonzept des Flughafens seit Jahren laufend angepasst und neu geplant. Am 5. Oktober legte das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) ein Konzept vor, wie der Flughafen künftig betrieben werden soll – je nachdem, ob der Staatsvertrag mit Deutschland unterzeichnet wird oder nicht. Laut Bazl sind darin sowohl politische als auch Sicherheitsaspekte berücksichtigt.

Das scheint nicht zu stimmen, wie vertrauliche Dokumente zeigen, die den Weg ins Internet gefunden haben. Das eine ist ein Protokoll einer Sitzung von Vertretern von Fluggesellschaften, amtlichen Sicherheitsstellen und dem Flughafen Zürich vom 28. Juni 2012. Darin wird bemängelt, dass seit Jahren die Sicherheitsfrage nicht ernst genommen wird. Man neige dazu, aus politischen Gründen «Kompromisse bei der Sicherheit» zu machen.

Zugeständnisse auf Kosten der Sicherheit

Das zweite Dokument betrifft eine Sitzung von kantonalen Vertretern, die sich mit der Umsetzung des Staatsvertrags befassten. Der Vertreter der Skyguide, der auf Sicherheitsrisiken aufmerksam machte, wurde umgehend gerügt.

Das dritte Dokument ist eine Bazl-interne Stellungnahme zum Bericht vom 5. Oktober. Darin steht, dass die Facharbeit vom Flughafen selber stamme, der «politisch und ökonomisch» massgeblich vom Inhalt betroffen sei. Somit könne «eine neutrale, unabhängige Darstellung nicht erwartet werden». Es seien Zugeständnisse «auf Kosten der Sicherheit zugunsten politischer Interessen gemacht» worden. Mit Blick auf den Staatsvertrag mit Deutschland rügen die Verfasser, dass das vorgesehene An- und Abflugregime regionalpolitische Bedürfnisse stärker gewichte als die Sicherheit.

Prioritäten müssen geändert werden

Sicherheitsexperten versuchen offenbar seit einiger Zeit vergeblich, auf Missstände aufmerksam zu machen. So etwa, nachdem am 15. März 2011 zwei Passagierflugzeuge beim Start beinahe zusammengestossen waren. Trotz solcher Vorfälle würden die Sicherheitsmargen «zugunsten politischer Bedürfnisse verkleinert». Die Bedenken würden im neuen Bericht jedoch nicht berücksichtigt.

Der Flughafen Zürich wird jährlich von 22 Millionen Passagieren genutzt. Ein Flugunfall bedeute meistens für mehrere Passagiere den Tod. «Zugegeben: Lärm findet jeden Tag statt, Unfälle nur selten.» Dennoch gelte es, «endlich» die Prioritäten zu ändern, heisst es im Bericht der Bazl-Experten weiter.

Bazl-Sprecher Urs Holderegger bestreitet die Vorwürfe der Experten in einer Stellungnahme: «Sicherheit muss oberste Priorität haben bei Abwägungen im Dreieck Fluglärm, Flugkapazitäten und Flugsicherheit.»

Tages-Anzeiger, 07.12.2012


siehe auch:
ZRH_2020 garantiert mehr Flugsicherheit (VFSN)