Auszug:
Von Katia Murmann und Martin Spieler
Hotel Savoy am Zürcher Paradeplatz. Hier logiert Wolfgang Clement, ehemaliger SPD-Wirtschaftsminister Deutschlands und Ex-Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens. Clement ist als Vortragsredner in der Schweiz unterwegs. Aus der SPD, die kürzlich das Steuerabkommen mit der Schweiz gebodigt hat, ist er vor vier Jahren ausgetreten. Trotz Verstimmungen zwischen der Schweiz und Deutschland ist der 72-Jährige bester Laune und bietet Champagner an. Die Flasche habe er in seinem Hotelzimmer vorgefunden. Beim Gespräch bleibt Clement bei Kaffee und Wasser.
Herr Clement, Deutschland hat innerhalb weniger Tage das Steuerabkommen und den Fluglärmvertrag mit der Schweiz gekippt. Warum können es die Schweizer den Deutschen nie recht machen?
Die Mängel liegen offensichtlich nicht auf Schweizer, sondern auf deutscher Seite. Wir sind es ja, die die gefundenen Verständigungen im Nachhinein wieder infrage stellen. Deshalb muss die deutsche Regierung in beiden Fällen den Verhandlungsfaden wieder aufnehmen und neu knüpfen, im zweiten Anlauf hoffentlich erfolgreicher als im ersten.
Das Verhältnis zwischen der Schweiz und den Deutschen ist auf dem Tiefpunkt.
Ich bin überzeugt, dass das Verhältnis zwischen «der Schweiz» und «den Deutschen» intakt ist. Meines Erachtens ist es sehr gut und von Respekt und gegenseitiger Achtung getragen. Zwischen den politisch Verantwortlichen aber ist es mit diesen beiden Abkommen nicht so gut gelaufen, wie es hätte laufen sollen.
Der Fluglärmstreit besteht seit Jahren. Kann es überhaupt eine Lösung geben?
Hier braucht es einen Kompromiss, der in einer Abwägung der Belastungen der Bürger diesseits und jenseits unserer Grenze bestehen muss. Ich fürchte auch aufgrund eigener Erfahrungen rund um den Flughafen Köln/Bonn, dass es dabei kaum je zu einer allseits befriedigenden Lösung kommen kann.
Sie haben das Nachtflugverbot am Kölner Flughafen aufgehoben. Müssen die Schweizer ebenfalls unbequemer sein?
Die Lage in Köln/Bonn ist eine andere als in Zürich. Ich kann nur den Rat beisteuern, dass nicht die jeweilige Staatsangehörigkeit, sondern die geringstmögliche Belastung aller Anwohner den Ausschlag bei den Entscheidungen über An- und Abflugregelungen geben sollte.