Andreas Schürer
Fritz Kauf ist ernüchtert. Der Lindauer Co-Präsident der Vereinigung Bürgerprotest Fluglärm Ost (BFO) glaubt nicht mehr daran, dass der Osten die Zunahme der abendlichen Anflüge verhindern kann. Diesen deprimierenden Eindruck habe er am Montag am Infoforum erhalten, zu dem die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion Bürgerorganisationen und Interessenverbände geladen hatte. Kauf meint: «Es war erschreckend, wie deutlich gesagt wurde, dass der Staatsvertrag vor allem betrieblichen Optimierungen des Flughafens dient.»
Flugplan ausdünnen
Die Planungen zur Forcierung des Ostkonzepts abends ab 18 Uhr seien weit fortgeschritten – «Mitwirkung unsererseits ist nicht mehr vorgesehen», meint Kauf. Da auch die Kantone Thurgau und Schaffhausen kaum etwas ausrichten könnten und in der Zürcher Regierung keine Kräfte auszumachen seien, die auf eine faire Verteilung pochten, müsse der Osten die Zusatzbelastung aufgrund der ausgedehnten deutschen Sperrzeiten im Staatsvertrag wohl in Kauf nehmen. Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (svp.) habe am Infoforum nur begrüsst, sonst sei es eine lupenreine Veranstaltung des Flughafens gewesen.
Trotzdem: Gänzlich hat der BFO den Kampfgeist noch nicht verloren. Am Donnerstag schickte er seine Stellungnahme an die Volkswirtschaftsdirektion, in der er eine faire Lastenverteilung einfordert. Zudem sollten auch betriebliche Konzessionen eingegangen werden. In dem Schreiben heisst es: «Der Flughafen soll sicherstellen, dass durch Ausdünnung des Flugplans in den Sperrzeiten ein Drittel der Bewegungen wegfallen.» Eine einseitige Belastung des Ostens werde der BFO bis vor Bundesgericht bekämpfen. Und: Sollten gekröpfte Nordanflüge über Westen oder Osten möglich sein, müssten Ostanflüge auf die Piste 28 und Südanflüge gleichermassen reduziert werden.
Selbstbewusste Stiftung
Schützenhilfe für den Osten kommt nun ausgerechnet aus dem Süden. Die vom Zumiker Jacob Zgraggen gegründete Stiftung gegen Fluglärm fordert in einem neuen Konzeptpapier, für das sie nun lobbyieren will, ein «menschenfreundliches Betriebskonzept für den Flughafen Zürich». Der Auftritt kommt selbstbewusst daher. In der Einleitung heisst es: «Die Stiftung gegen Fluglärm präsentiert auf der Basis des neuen Staatsvertrags ein Konzept, das den Flughafenstreit befrieden kann.»
Konkret wird verlangt, dass statt ab 6 Uhr erst ab 6 Uhr 30 gelandet werden darf; Starts sollen aber weiterhin ab 6 Uhr möglich sein. Zudem soll laut dem Konzept ab 18 Uhr weder von Osten auf die Piste 28 noch von Süden auf die Piste 34, sondern gekröpft von Westen oder Osten her auf die Piste 14 angeflogen werden. Der Stiftungspräsident, der Gockhausener Rechtsanwalt Adolf Spörri, sagt: «So werden am wenigsten Menschen mit Fluglärm beschallt, und die Verlängerung der Pisten 28 und 32 erübrigt sich.» Den Einwand, dass dieses Konzept zu markanten Kapazitätsverlusten führe und technisch noch unausgereift sei, lässt Spörri nicht gelten. Mehrere Experten hätten ihm versichert, dass die Umsetzung des gekröpften Nordanflugs über Westen oder Osten nur eine Frage des politischen Willens sei. Allenfalls müsse der Flughafen kleine Kapazitätseinbussen in Kauf nehmen, dafür könne mit diesem Konzept wieder annähernd eine dem Flugbetrieb vor 2003 vergleichbare Nordausrichtung umgesetzt werden, die dem kantonalen Richtplan sowie den Umwelt- und Lärmschutznormen am ehesten entspreche.
Zentral ist für Spörri, dass sich der Osten und der Süden nicht gegeneinander ausspielen lassen: «Wir müssen gemeinsam einfordern, dass so wenig Menschen belastet werden wie möglich – und dass folglich der gekröpfte Nordanflug auch am Abend so intensiv genutzt wird, wie es geht.»