Nach der Einigung mit Deutschland gibt Bundesrätin Leuthard jetzt den Startschuss zum innerschweizerischen Ringen. Es geht um die Frage, welche Region wie viel Fluglärm übernehmen muss.
Markus Häfliger, Bern
Knapp zwei Monate nachdem die Schweiz mit Deutschland einen Kompromiss über den Flugverkehr geschlossen hat, beginnt jetzt die zweite, nicht weniger heikle Phase im Fluglärmstreit: die innenpolitische Umsetzung des Vertrags. Zu diesem Zweck hat Verkehrsministerin Doris Leuthard für den 29. August die sogenannte Begleitgruppe zu einer Sitzung nach Bern eingeladen, wie Leuthards Sprecher Dominique Bugnon auf Anfrage sagt.
Aufgabe der Begleitgruppe ist es, die künftige innerschweizerische Verteilung des Fluglärms auszuhandeln. Aufgrund des ausgehandelten Staatsvertrags muss die Schweiz ab dem Jahr 2020 rund 20 000 zusätzliche Flüge über ihrem Territorium abwickeln. Die noch offene Frage ist aber, über welche Routen diese Flüge geführt werden.
Fünf Kantone involviert
Die möglicherweise betroffenen Regionen haben bereits vehementen Widerstand angemeldet: Die Gebiete im Osten des Flughafens wehren sich gegen die Zunahme der Ostanflüge. Der Aargau will den gekröpften Nordanflug entlang des Rheins verhindern. Einen Kompromiss zwischen diesen divergierenden Interessen soll die Begleitgruppe finden. Die Sitzung von Ende August ist die erste seit der Einigung mit Deutschland – damit wird das Treffen zum eigentlichen Fluglärm-Gipfel.
Der Begleitgruppe gehören die hauptbetroffenen fünf Kantone an, nämlich Zürich, Aargau, Thurgau, Schaffhausen und St. Gallen. Ebenfalls vertreten sind der Flughafen Zürich, die Fluggesellschaft Swiss, die Skyguide sowie die Bundesverwaltung. Leuthard persönlich wird das Treffen leiten.
Rekurse bis nach Lausanne
Am letzten Mittwoch hat der Gesamtbundesrat den Staatsvertrag genehmigt und Leuthard dazu ermächtigt, ihn mit Deutschland formell zu unterzeichnen. Laut Bugnon ist die Unterzeichnung im September vorgesehen. Anschliessend kommt der Vertrag ins Parlament. Wenn auch die eidgenössischen Räte den Vertrag akzeptieren, kann dagegen das Referendum ergriffen werden.
Parallel zu diesem politischen Genehmigungsprozess stehen komplizierte rechtliche Verfahren an. So müssen der Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) und das Betriebsreglement des Flughafens Zürich an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Zudem müssen zwei Start- und Landepisten verlängert werden. In diesen Verfahren stehen den betroffenen Kantonen, Gemeinden und Anwohnern teilweise Möglichkeiten von Rekursen bis ans Bundesgericht offen. Zudem muss möglicherweise noch das Zürcher Volk über die Pistenverlängerung abstimmen.