Andreas Schürer
Das Zürcher Stimmvolk wird sich wohl in jedem Fall zu einem Ausbau der Pisten am Flughafen Zürich äussern können. Dieter Neupert, Vizepräsident von Aerosuisse, dem Dachverband der Schweizer Luft- und Raumfahrt, hat in der «NZZ am Sonntag» angekündigt: «Lässt der Kantonsrat die wichtige Frage eines Pistenausbaus nicht durch die Bürger beantworten, werden wir mithilfe einer Volksinitiative einen Urnengang herbeiführen.»
Tatsächlich kann der Kantonsrat den Pistenausbau blockieren. Laut Flughafengesetz ist nur ein Ausbaubeschluss referendumsfähig. Wie die Volkswirtschaftsdirektion bestätigte, wären die im Staatsvertrag mit Deutschland vorgesehenen Verlängerungen der Ost-West- und der Nord-Süd-Piste bei einem Nein des Zürcher Parlaments vom Tisch – und damit auch die geplante Forcierung der Ostanflüge. Die Folgen wären einschneidend: Kapazitätsverluste von bis zu 20 Prozent und vermehrte Anflüge über den Süden, das am dichtesten besiedelte Gebiet.
Lancierung eilt
Einen Ausweg aus dieser Sackgasse könnte nur eine Volksinitiative weisen. Weit gediehen sind entsprechende Planspiele auch beim Komitee Pro Flughafen. Auf dessen Facebook-Seite wurde am Sonntag die Kampfansage aufgeschaltet: «Wir sind in den Startlöchern! 6000 Unterschriften für unseren Flughafen werden rasch gesammelt sein.» Geschäftsführer Christian Bretscher will vor der Lancierung einer Initiative zwar noch die Diskussion über die innerschweizerische Lärmverteilung abwarten. Aber er sagt auch, dass die Zeit dränge: Da der Staatsvertrag im Jahr 2020 umzusetzen sei, müsse die Initiative schon lanciert werden, bevor der Kantonsrat die Diskussion über den Ausbau abschliesse.
Handlungsbedarf besteht für Bretscher vor allem auch, weil er mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im Parlament befürchtet, dass der Ausbau durchfallen werde. Zuletzt hatte der Kantonsrat mit 100 zu 64 Stimmen einem allgemeinen Pistenausbauverbot zugestimmt; das Volk entschied im vergangenen Herbst dann klar anders.
Links-Grün unter Druck
Auf Skepsis stösst die Lancierung einer Volksinitiative beim Verein Flugschneise Süd – Nein (VFSN). Präsident Thomas Morf sagt: «Statt Reserveräder zu beschaffen, müssen wir sicherstellen, dass der Kantonsrat nicht eine Volksabstimmung verhindert.» Morf hat klare Vorstellungen, wie dies erreicht werden soll – er nimmt die Kantonsräte aus dem Süden ins Visier, allen voran jene aus der SP, der GP und der GLP. Deren Parteien haben die Ablehnung des Pistenausbaus kommuniziert.
Vertreter aus dem Süden müssten ausscheren, fordert Morf: «In dieser Frage geht es nicht darum, dem Flughafen eines ans Bein zu geben, sondern ob massiv häufiger über den dichtbesiedelten Süden angeflogen wird.» Für den Fall, dass die Kantonsräte aus dem VFSN-Gebiet dies «nicht begreifen», droht Morf: «Dass wir die Bevölkerung mobilisieren können, haben wir bewiesen. Wahltag ist Zahltag.»