Fluglärm sei in Südbaden kein Problem, findet Ralf-Roland Schmidt-Cotta. Im Auftrag der FDP Schwarzwald-Baar setzt er sich für eine sachliche grenzüberschreitende Zusammenarbeit ein – und für einen Kompromiss im Fluglärmstreit.
Andreas Schürer
Der 60-jährige Donaueschinger Industrieanwalt und FDP-Politiker Ralf-Roland Schmidt-Cotta hat ein Flair für Geschichte. Den schon lange schwelenden Streit um die Anflüge auf den Flughafen Zürich sieht er nicht in gegenwärtigen Lärmbelastungen begründet, sondern in archaischen Verhaltensmustern: «Es ist ein Kampf zweier Alemannen-Stämme», findet Schmidt-Cotta, der ursprünglich aus Westfalen stammt und «die Schweiz im Studium in Lausanne und später von Südbaden her kennen- und schätzen gelernt hat», wie er sagt.
Die Schweizer Seite habe den Nährboden für die Streitigkeiten geschaffen, indem sie die Bevölkerung in Südbaden in Flughafenfragen lange ignoriert habe. In den letzten Jahren hätten sich nun aber seine Landsleute verrannt: «Wenige Aktivisten haben eine Stimmung geschaffen, in der mit Scheuklappen haltlose Maximalforderungen gestellt werden und sich viele Vernünftige nicht mehr getrauen dagegenzuhalten.» Für solche Aussagen hat Schmidt-Cotta auch schon anonyme Briefe erhalten. In einem hiess es zum Beispiel: «Sie sind zu intelligent für die Region – verschwinden Sie!»
«Abstruse Behauptungen»
Schmidt-Cotta ist geblieben – und er gibt auch keine Ruhe. Von der FDP Schwarzwald-Baar hat er den Auftrag erhalten, auf beiden Seiten der Grenze Verbündete zu suchen für ein Projekt, aus dem eine gemeinsame Regionalpolitik resultieren soll. Themen, welche die Grenzregionen viel stärker als heute gemeinsam angehen sollten, gibt es für den Donaueschinger viele: Bildung, Kultur, Gesundheit, Strassen- und Schienenverkehr, das mögliche Atomendlager in Benken – und natürlich den Flughafen Zürich.
Letztgenanntes Thema vergiftet für Schmidt-Cotta viel zu lange schon das Klima und hat für ihn deshalb eine Schlüsselfunktion. Die deutsche Seite müsse in den anstehenden Verhandlungen über die Anflüge nach Zürich im Sinne des fairen Umgangs miteinander von ihren «abstrusen Behauptungen» abkommen – denn Fluglärm stelle in der Schwarzwald-Region überhaupt kein Problem dar, sagt Schmidt-Cotta.
Namentlich die geforderte Abschaffung des Warteraums Rilax über Donaueschingen ziele in den luftleeren Raum, «weil man hier die Flugzeuge allenfalls sieht, aber nicht hört». Von Lärm könne jedenfalls keine Rede sein. Die südbadische Bürgerbewegung ziehe ihre Kraft denn auch nicht aus der tatsächlichen Belastung, sondern aus archaischen Antagonismen – «im Endeffekt sind das Nationalisten, die man von amtlicher Seite viel zu lange hofiert hat».
Lärmanalyse heranziehen
Nun müssten die Gräben allmählich zugeschüttet werden, findet der Donaueschinger Politiker. Der Gefahr, dass sich nach der Davoser Absichtserklärung zum Fluglärmstreit die Fronten weiter verhärten, müsse entgegengewirkt werden – die Initiative der FDP Schwarzwald-Baar komme daher gerade im richtigen Moment.
Als Basis für einen Kompromiss zwischen der Schweiz und Deutschland müsse die von Angela Merkel und Pascal Couchepin in Auftrag gegebene Lärmanalyse aus der Schublade gezogen werden, die Aussagen über die tatsächliche Lärmbelastung macht.
Berücksichtigt werden müsse, dass die Schwarzwald-Region vom Tourismus lebe – aber die Grundlage der Lösung müsse die Lärmbelastung sein, nicht die Zahl der Anflüge: «Man misst die Emissionen von Rasenmähern ja auch nicht in Stückzahlen, sondern in Dezibel.»
Mentalitätswandel gefordert
Bei den freisinnigen Kollegen in Zürich rennt Schmidt-Cotta mit seinen Visionen offene Türen ein. Parteipräsident Beat Walti zeigt sich dankbar für «den konstruktiven Ansatz aus Süddeutschland, zumal gewöhnlich nur die immergleichen Dogmen wiederholt werden». Prüfenswert sei auch der Ansatz, ein gemeinsames Regionalverständnis zu entwickeln: «Es ist sicher vernünftig, in verschiedenen Bereichen nach Lösungen zu suchen, die unabhängig von Landesgrenzen sind.»
Für Schmidt-Cotta braucht es einen Mentalitätswandel der Süddeutschen und der Nordschweizer, damit ein Regionalverständnis entwickelt werden kann. Den Anfang macht der Donaueschinger mit den Schweizer Freisinnigen. Schmidt-Cotta sagt: «Erste Kontakte haben stattgefunden, aber die Mühlen mahlen langsam, und die Grenzen aus den Köpfen zu bringen, ist wohl eine Jahrhundertaufgabe.»