Die Regierung ist unter Druck: GP, GLP und CVP gehen die von ihnen vorgeschlagenen Massnahmen zur Fluglärm-Reduktion zu wenig weit.
Andreas Schürer
Die Regierung hat, das ist ein offenes Geheimnis, bei der Festsetzung des Zürcher Fluglärm-Indexes (ZFI) die Bevölkerungsentwicklung in der Boomregion rund um den Airport unterschätzt und den Richtwert so tief angesetzt, dass er selbst bei nur knapp 270 000 Flugbewegungen wie im Jahr 2010 deutlich überschritten wird. Nun orten CVP, GLP und GP im Chor dringenden Handlungsbedarf, ebenso die IG Nord, der Schutzverband der Bevölkerung rund um den Flughafen und der Dachverband Fluglärmschutz.
Der Schutzverband betont die Tendenz, dass der Lärm zunehmend in die Nacht verschoben werde. Die wirksamste Gegenmassnahme ist für ihn, die Bewegungszahlen in den sensiblen Randstunden zu vermindern, also Flüge abends früher und morgens später durchzuführen. Bedauerlich sei, dass solche wirksame Massnahmen im ZFI-Bericht nicht vorgesehen seien. Auch die IG Nord will «endlich Taten sehen», nachdem die Flughafenlobby die Zürcher im Vorfeld der Abstimmung über das Pistenausbauverbot mit wohlklingenden Worten beschwichtigt habe.
Ins gleiche Horn bläst der Dachverband Fluglärmschutz. Er sieht seine Kritik bestätigt, dass der ZFI zwar ein sensibles Monitoring-Instrument sei, aber keinerlei Massnahmen auslöse. Statt die Bevölkerung auf zukünftige optimierte Flugrouten und auf eine leisere Swiss-Flotte ab dem Jahr 2014 zu vertrösten, müssten Sofortmassnahmen beschlossen werden: weniger Flüge in den Randstunden und eine Einführung des weniger lärmigen Continuous Descent Approachs. Für gefährlich hält der Verband das Ansinnen, die ZFI-Berechnungsmodelle wegen verbesserter Schalldämmung aufzuweichen.
Die GP sieht sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass der ZFI als Fiebermesser tauge, als Massnahme aber einzig Kamillentee vorgesehen sei. Dass die GP mit harter Chemie gegen Fieber vorgehen will, erstaunt, bezüglich ZFI sieht ihre Rezeptur wie folgt aus: Neben einer Reduktion der Bewegungen nach 22 Uhr sollen deutlich mehr als die geplanten 8 Millionen Franken jährlich zur Verbesserung der Wohnqualität in der Flughafenregion eingesetzt werden. Mit den vorgesehenen Mitteln könnten nur 1 bis 2 Prozent der Wohneinheiten innerhalb der Abgrenzungslinie saniert werden; dies führe bloss zu Mitnahmeeffekten. Für die GLP ist «die passive Haltung des Regierungsrats und des Flughafens nicht weiter tragbar». Es sei keine Lösung, die Menschen hinter schallschutzgedämmten Fenstern einzusperren und mit Pistenverlängerungen noch mehr Flugbewegungen zu generieren. Die CVP spricht von einem Lackmustest für Regierung und Flughafen. Um die lärmtechnische Sanierung der Gebäude voranzutreiben, müsse wenn nötig der Lärm-Fünfliber durch ein Lärm-Zehnernötli ersetzt werden.