Bundesrätin Doris Leuthard hat sich für ihre Aussage entschuldigt, süddeutsche «Taliban» blockierten im Fluglärmstreit die Lösungssuche. Die Wortwahl «in der Hitze der Debatte» sei nicht adäquat gewesen, räumte die Verkehrsministerin am Rande des «Radio Day» in Zürich ein. Sie habe dem Landratsamt Waldshut einen Brief geschickt, in dem sie ihre Wortwahl bedauere, sagte Leuthard gegenüber dem Schweizer Fernsehen (SF). Gleichzeitig habe sie im Schreiben aber betont, «dass es Bewegung und eine konstruktive Haltung auch von Süddeutschland» brauche, um das Fluglärmproblem zu lösen.
In der Sache sei es einfach so, dass «gewisse süddeutsche Exponenten keine konstruktive Haltung» vertreten. Alle Verhandlungsangebote der Schweiz stiessen dort stets «auf völlige Ablehnung».
Hoffnung in weitere Gespräche
So hatte Leuthard bereits im Frühjahr die süddeutschen Gemeinden zum Gespräch nach Bern eingeladen, wie Uvek-Sprecherin Annetta Bundi auf Anfrage sagte. Das Angebot sei bisher nicht angenommen worden. Dies obwohl beide Delegationen bis Ende Jahr Eckwerte für eine Lösung finden wollen. Bisher konnten allerdings «praktisch keine Fortschritte erzielt werden», sagte Bundi weiter.
Die Schweiz habe Flexibilität gezeigt. Die deutsche Seite hingegen habe bis anhin auf der Forderung nach einer Reduktion der Anflüge über Süddeutschland beharrt, obwohl die Ergebnisse einer gemeinsamen Lärmanalyse eindeutig für die Schweiz sprächen.
Gemäss Leuthard strebt die Schweiz eine bundesweite Lösung an. Sie hoffe deshalb, dass die Gespräche in den kommenden Monaten konstruktiver verlaufen. Ansonsten bleibe das Dossier «immer ein schwelendes Problem zwischen der Schweiz und Deutschland».
Waldshut akzeptiert Entschuldigung
Den Taliban-Vergleich hatte Bundesrätin Doris Leuthard am Montagabend an einer Veranstaltung der Zürcher CVP zum Thema «Schweiz und Deutschland – gemeinsame Herausforderungen und Chancen» gemacht. Auch der Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, nahm daran teil.
Das Landratsamt Waldshut zeigte sich tags darauf über die Wortwahl «entsetzt und zutiefst enttäuscht». Die Entschuldigung von Bundesrätin Leuthard hat Waldshut wieder besänftigt: Die Entschuldigung sei akzeptabel, sagte Jürgen Glocker, Sprecher des Landratsamtes Waldshut, am Donnerstag gegenüber Radio 1.
Er wehrte sich aber gegen den Vorwurf, von deutscher Seite kämen keine konstruktiven Vorschläge zur Lösung des Fluglärmstreits. Es sei vielmehr so, dass von den Schweizer Gesprächspartnern keine konstruktiven Vorschläge kämen.
Pingpong mit Folgen
Dass provokative Worte ihre Wirkung zeigen können, hat der deutsche SPD-Finanzminister Peer Steinbrück im Steuerstreit zwischen Deutschland und der Schweiz mehrmals bewiesen.
«Statt Zuckerbrot müssen wir auch zur Peitsche greifen», sagte er, als er im Herbst 2008 damit drohte, die Schweiz auf einer schwarzen Liste für Steueroasen aufzuführen. Daraufhin wurde der deutsche Botschafter in Bern einberufen.
Im März 2009 verglich er seine Drohung mit der schwarzen Liste mit der «siebten Kavallerie vor Yuma», die man ausreiten lassen könne. Aber sie müsse nicht unbedingt ausreiten, «die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt».
Erneut war der Bundesrat verärgert und bestellte den Botschafter ein. Im August 2011 wurde der vierjährige Steuerstreit zwischen Deutschland und der Schweiz beigelegt.
siehe auch :
Harsche Töne im Fluglärmstreit (NZZ)
Leuthards Worte empören Deutschland (TA)
Taktischer Taliban-Vergleich (BaZ)
Die Taliban, die den Flughafen torpedieren (20min)
Frust über frühere Versäumnisse (TA)