Der Bund prüft, ob der Flugplatz Dübendorf künftig von militärischer und ziviler Luftfahrt gemeinsam genutzt werden kann. Bis Ende 2011 soll eine Studie vorliegen, die aufzeigt, welche «wirtschaftlichen, operationellen und raumplanerischen Möglichkeiten und Auswirkungen» eine aviatische Mischnutzung bringen würde.
Die gleiche Frage hat auch der Kanton Zürich schon gestellt. Eine Testplanung hat vor zwei Jahren ergeben, dass auf dem Flugplatz Dübendorf 40\'000 Flüge pro Jahr abgewickelt werden könnten, wobei gemäss dem Dübendorfer Stadtpräsidenten Lothar Ziörjen mittelfristig 60\'000 bis 80\'000 möglich wären. Laut der Studie wären aber 80\'000 Flugbewegungen nötig, um einen rentablen Betrieb sicherzustellen. Zum Vergleich: Der Flughafen Zürich wies im letzten Jahr knapp 270\'000 Flüge aus.
Ein Flughafenbetrieb in dieser Grössenordnung ist für FDP-Nationalrat Ruedi Noser nicht nur politisch unrealistisch, sondern auch betriebswirtschaftlich ohne Chancen: «Das ist einfach kein Geschäftsmodell.» Selbst mit 80\'000 Flugbewegungen sei damit erst der Break-even erreicht und noch lange kein Gewinn erzielt. Noser wirbt seit Jahren für die Idee eines Innovationsparks auf dem Gelände des heutigen Militärflugplatzes. Dass der Bund auch Optionen ausserhalb der Fliegerei prüfen will, wertet er als positives Zeichen. «Der Entscheid über die Zukunft von Dübendorf ist einer der wichtigsten der nächsten 30 bis 40 Jahre.»
Flugrouten haben Kapazität
Doch hat es im Himmel über Zürich überhaupt Platz für einen Airport in Dübendorf, der nur sieben Kilometer von Kloten entfernt liegt? Ja, meint Max Ungricht, Chefredaktor des Aviatik-Magazins «Cockpit»: «80\'000 Landungen wären anspruchsvoll, aber machbar.» Im Grossraum Los Angeles etwa, wo es neben dem Mega-Hub Los Angeles International diverse mittlere und kleinere Flughäfen hat, würden viel mehr Flugzeuge ohne Probleme aneinander vorbeigelotst.
Das wäre laut Ungricht auch in der Schweiz möglich: «Dank GPS-Navigation wird man bald auf den Meter genau fliegen können.» Für den Aviatikexperten wäre deshalb ein verschachtelter Anflug für Kloten und Dübendorf denkbar, bei dem die Flugzeuge erst kurz vor der Landung ihren Zielflughafen ansteuern. Eine andere Möglichkeit ist laut Ungricht auch, dass Dübendorf steiler angeflogen würde. «London City oder Lugano Agno sind nur für Flugzeugtypen zugelassen, die mit 4,5 Grad statt den üblichen 3 Grad Anflugwinkel zurecht kommen.»
Genau wie Ungricht glaubt auch Thomas Hurter an die Zukunft der Fliegerei in Dübendorf. Der Schaffhauser SVP-Nationalrat arbeitet für die Swiss als Airbus-Pilot. Gemeinsame Anflugrouten mit Kloten hält Hurter für zu kompliziert. Die Dübendorfer Landebahn verlaufe aber wie die Piste 28 in Richtung Westen. «Wenn wir diese beiden versetzten Parallelpisten mit einem Zug verbinden, hätten wir eine vierte Piste.»
Dass der Betrieb von grossen Jets in Dübendorf keine Chance vor dem Volk hätte, weiss der Politiker Hurter aber. Für Mehrheitsfähiger hält er ein von Kloten unabhängiges Flugregime: «Dübendorf würde eine Art Kopfbahnhof bleiben, der ausschliesslich von Osten her angeflogen wird.»
Wirtschaftlich umstritten
Hurter geht mit seinem Ratskollegen Noser einig, dass 80\'000 Flugbewegungen politisch keine Chance haben. Eine derart grosse Zahl ist für ihn aber auch gar nicht nötig. Die Testplanung des Kantons sei von falschen Annahmen ausgegangen, meint Hurter. «Sie haben sich einseitig auf die Anzahl Flugbewegungen bezogen. Entscheidend für die Rentabilität ist aber eine Kombination aus Flugbewegungen und Umsatz aus anderen Nutzungen.»
Hurter, der seit neustem auch den Aeroclub der Schweiz präsidiert, schlägt vor, den nördlichen Teil des Geländes für die Luftwaffe reservieren. Im südlichen Teil würde er flugnahe Betriebe ansiedeln: Firmen, die auf die Wartung oder den Innenausbau von Flugzeugen spezialisiert sind. Die Kosten der Fluginfrastruktur will Hurter auf die Mietpreise umwälzen. «Zwei, drei Grosskonzerne, die ihre Businessjets in Dübendorf haben, würden schon reichen.»
Die «Flugromantiker», wie FDP-Nationalrat Noser die Befürworter eines Flugplatzes Dübendorf bezeichnet, machen die Rechnung jedoch mit dem Staat. Sämtliche Konzepte für eine fliegerische Nutzung basierten auf der Annahme, dass der Bund das Land schenkt, sagt Noser. Ohne diese inakzeptable Subvention habe das Geschäftsmodell aber keine Chance: «Wenn man einen Baulandpreis von 1000 Franken pro Quadratmeter annimmt, hat das Flugplatzgelände einen Wert von 2,7 Milliarden Franken – das zahlt kein Grosskonzern der Welt.»
siehe auch:
Flugplatz Dübendorf soll Kloten entlasten (TA)
«Das schlimmste Szenario ist eingetroffen» (TA)
Zivile Fliegerei in Dübendorf sei «eine Schnapsidee» (TA)