Das Parlament will das von ihm befürwortete Pistenmoratorium am Flughafen Zürich nicht um ein Verbot neuer Schnellabrollwege und weitere Vorschriften ergänzen. Es empfiehlt ein entsprechendes konstruktives Referendum zur Ablehnung.
sho. Voraussichtlich Ende November findet die Volksabstimmung über die sogenannte Behördeninitiative II statt. Es ist nach der Initiative I zur Plafonierung des Luftverkehrs und jener für die Verteilung des Fluglärms («Fairflug»), die beide keine Mehrheit fanden, innert weniger Jahre das dritte Volksbegehren zum Flughafen Zürich – und das mit den grössten Erfolgschancen. Denn im Februar 2009 sprach sich der Kantonsrat deutlich mit 100 zu 64 Stimmen für das von 42 Gemeinden samt Schutzverband geforderte Verbot von Neu- und Ausbauten am Pistensystem aus.
Vorwurf der Verzögerung
Bis die Ende 2006 eingereichte Initiative zur Abstimmung kommt, dauert es somit fünf Jahre. Grund: Weil damit auch die Verlängerung der Pisten verunmöglicht würde, befürchten Bewohner im Süden mehr Anflüge und reichten ein konstruktives Referendum ein. Im Gegenvorschlag fordern sie zusätzlich unter anderem ein Verbot neuer Flugrouten über dichtbesiedeltem Gebiet. Schnellabrollwege, die eine dichtere Abfolge von Flugbewegungen zulassen, sollen Pistenbauten gleichgestellt sein. Der Kantonsrat erklärte den Vorschlag zum grössten Teil für ungültig. Das angerufene Bundesgericht hat ihn jedoch bis auf einen Punkt, der übergeordnetem Recht widerspricht, geschützt.
Die Befürworter des Gegenvorschlags haben sich am Montag im Kantonsrat harsche Kritik anhören müssen. Sie seien dafür verantwortlich, dass diese wichtige Abstimmung so spät stattfinde, sagte Robert Brunner (gp., Steinmaur). Lorenz Habicher (svp., Zürich) sprach von unsäglicher Zwängerei, Gabriela Winkler (fdp., Oberglatt) von einer unnötigen Einschränkung der Luftfahrt.
Das Volk könne sowieso mitreden, der Gegenvorschlag sei also unnötig, sagten Willy Germann (cvp., Winterthur) und Walter Schoch (evp., Bauma). Benno Scherrer (glp., Uster) entgegnete darauf, die bestehenden Bestimmungen im Flughafengesetz reichten nicht aus. Schnellabrollwege erhöhten die Kapazität des Flughafens. Er erhielt Unterstützung von einer Mehrheit der SP, für die Ruedi Lais (sp., Wallisellen) erklärte, der Gegenvorschlag sei präziser.
Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker entgegnete Scherrer, Schnellabrollwege erhöhten auch die Flexibilität, verbesserten damit die Sicherheit und die Möglichkeiten, das im letzten Jahr verlängerte Nachtflugverbot einzuhalten. Der Flughafen sei im Übrigen nicht nur eine Last, sondern eine Infrastruktur, die dem Wirtschaftsraum Prosperität und Arbeitsplätze bringe.
Der Rat hatte nur noch seine Empfehlung zum konstruktiven Referendum zuhanden der Stimmberechtigten abzugeben. Das Ja zur Behördeninitiative II hatte er vor über zwei Jahren beschlossen. Ein Minderheitsantrag, den Gegenvorschlag anzunehmen und ihm in der Stichfrage den Vorzug gegenüber der Initiative zu geben, unterlag mit 36 gegen 68 Stimmen gegen einen zweiten Minderheitsantrag für den Gegenvorschlag, aber zugunsten der Behördeninitiative in der Stichfrage. Am Ende schwang das Nein zum Gegenvorschlag mit 98 gegen 63 Stimmen bei 2 Enthaltungen obenaus.
Drei Lager
Parteipolitisch ist die Ausgangslage nun wie folgt: SVP und FDP lehnen wie die Regierung sowohl Behördeninitiative als auch Gegenvorschlag ab, wobei eine Minderheit für die Initiative eintritt. CVP, EVP, EDU und GP befürworten wie die Kantonsratsmehrheit die Initiative und lehnen den Gegenvorschlag ab. GLP und die Mehrheit der SP treten für ein doppeltes Ja, also für die Initiative und den Gegenvorschlag, ein. Allerdings dürften in dieser Abstimmung Parteiparolen eher wenig Bedeutung haben.