Die langfristige Planung für den Flughafen Zürich bewegt die Gemüter: Seit dem Start der Vernehmlassung Ende August sind beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) bereits 700 Einsprachen eingegangen.
Bazl-Chef Peter Müller erwartet, dass in den nächsten drei Wochen die Zahl der Einsprachen «sicher über 1000» steigen wird, wie er in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» erklärte. Erfahrungen zeigten, dass die meisten Stellungnahmen erst gegen Ende der Vernehmlassungsfrist eintreffen. Diese Frist läuft Ende Oktober ab.
Der Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (Sil) steckt den Rahmen für Betrieb und Infrastruktur des Flughafens Zürich bis im Jahr 2030 ab. Gemäss dem Papier soll sich der Flughafen entsprechend seiner Verkehrsnachfrage entwickeln können, dabei sollen aber gleichzeitig die Grundsätze der Nachhaltigkeit eingehalten werden.
Dieser Spagat sorgt in der Flughafenregion seit Jahren für hitzige Diskussionen (wir berichteten). Der Verein Flugschneise Süd - Nein (VFSN) lehnt das Sil-Objektblatt uneingeschränkt ab, weil es Ziele wie Schutz der Bevölkerung, Lärmreduktion und Planungssicherheit nicht ansatzweise erreiche.
Die Fluglärmgegner im Osten wehren sich ebenso vehement gegen zusätzliche Ostanflüge und gegen die Betriebsvariante «J optimiert». Die Variante setzt auf eine Kombination von Nord- und Ostbetrieb und sieht eine Verlängerung der Piste 28 nach Westen und der Piste 32 nach Norden vor.
Mehrverkehr über andere Flughäfen führen
Laut Müller ist klar, dass kein Weg an Kompromissen vorbeiführen wird, wenn auf wirtschaftliche, soziale und ökologische Bedürfnisse eingegangen werden soll. Der Flughafen Zürich habe zwar noch ein gewisses Wachstumspotenzial. Diesem Wachstum seien jedoch wegen der unmittelbaren Stadtnähe Grenzen gesetzt.
Der Chef des Bundesamtes für Zivilluftfahrt schliesst deshalb nicht aus, dass zusätzlicher Flugverkehr in Zukunft über Konkurrenzflughäfen wie München oder Wien geführt werden wird. Er sehe der Entwicklung aber mit Gelassenheit entgegen.
«Ich bin überzeugt, dass die Flughafenbetreiberin und gerade auch die Swiss als Hub-Carrier dank ihrer ausgezeichneten Performance der Konkurrenz die Stirn bieten können», sagte der Bazl-Chef im Gespräch mit der «SonntagsZeitung». Die begrenzten Möglichkeiten des Flughafens seien zugleich auch einer der Trümpfe. Als eine Art City- Airport könne er gegenüber ausländischen Flughäfen punkten.
Deutsche Sperrzeiten lockern
Wie Müller im Interview weiter erklärte, wird der Bundesrat in Kürze entscheiden, wie es im Fluglärmstreit mit Deutschland weiter gehen soll. Es sei bedauerlich, dass das EU-Gericht in Luxemburg bei der Abweisung der Nichtigkeitsklage der Schweiz zwar auf die Fluglärmargumente der deutschen Seite eingegangen sei, die viel grössere Belastung in der Schweiz aber nicht gewürdigt habe.
Laut dem Bazl-Direktor werden sich die Schweiz und Deutschland noch in diesem Monat zu einem zweiten Vorgespräch treffen. Die Schweiz wünsche sich eine Lockerung der deutschen Sperrzeiten, damit Nordanflüge zu jeder Tageszeit möglich werden - vor allem auch in den Morgenstunden. Mit einer solchen Lösung könnten die sehr belastenden Südanflüge reduziert werden, sagte Müller. (sda/rsc)
Zürcher Oberländer, 10.10.2010
siehe auch:
Sofort mitmachen - Stellungnahme zu SIL und kantonalem Richtplan (VFSN)
«DAS BAZL HAT SCHON 700 EINGABEN BEKOMMEN» (SZ)