Je stärker der Fluglärm und je länger die Lärmbelastung, desto grösser ist die Gefahr, an einem Herzinfarkt zu sterben. Wie eine Forschungsgruppe um Prof. Matthias Egger vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern herausgefunden hat, gilt dieser Zusammenhang bereits ab einer Lärmintensität von 60 Dezibel.
Am stärksten gefährdet sind Personen, die dem Lärm seit mindestens 15 Jahren ausgesetzt sind. Die Beziehung ist allerdings geschlechtsspezifisch – bei Frauen ist kein erhöhtes Sterberisiko durch Herzinfarkt erkennbar. Der Befund basiert auf einem umfangreichen Datensatz mit über 4,5 Millionen Personen über 30 Jahren aus der ganzen Schweiz (Schweizer Nationale Kohortenstudie). Die Studie wurde nun im Fachjournal «Epidemiology» publiziert.
Innovation: Flug- anstatt Strassenlärm untersucht
Sowohl akuter und chronischer Lärm als auch Luftverschmutzung sind bekannte Risikofaktoren für Herzkreislaufprobleme. Bisherige Studien hatten diesen Zusammenhang meist mit Strassenlärm gemessen. Der Einfluss von Strassenlärm auf die Gesundheit lässt sich jedoch kaum vom Einfluss der gleichzeitig auftretenden Luftverschmutzung trennen.
Mit der vorliegenden Untersuchung unter Einbezug des Flug- anstelle des Strassenlärms zeigte sich nun, dass der Lärm das Herzinfarktrisiko erhöht, unabhängig davon, wie gut die Luftqualität ist. Andere Todesursachen wie verschiedene Krebsarten oder Hirnschlag waren nicht an den Fluglärm gekoppelt. Interessanterweise war das Herzinfarkt-Risiko besonders hoch für Personen, die in alten, schlecht lärmisolierten Häusern wohnen. «Das deutet darauf hin, dass Schallschutzmassnahmen gesundheitlich wirksam sein können», erklärt Matthias Egger.
«Insgesamt konnten wir eine eindeutige Verbindung feststellen zwischen Intensität und Dauer des Fluglärms und dem Risiko einer dieser Lärmbelastung ausgesetzten Person, durch einen Herzinfarkt zu sterben. Dieses Risiko ist bei Männern höher als bei Frauen und scheint auch mit der schlechten Schallisolation von alten, nicht renovierten Häusern zusammenzuhängen», fasst Martin Röösli die Studienresultate zusammen.
Die Wirkung des Fluglärms wird damit erklärt, dass Lärm als psychosozialer Stressor auf das sympathische Nervensystem und das Hormonsystem wirkt und dadurch das Herzinfarktrisiko ansteigen lässt. Matthias Egger ergänzt: «Weitere Studien sind notwendig, um abzuklären, ob der beobachtete Zusammenhang kausal ist. Leider konnten in unserer Studie wichtige kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Rauchen oder Cholesterin nicht erfasst werden.»
Quellenangabe: Anke Huss, Adrian Spoerri, Matthias Egger, Martin Röösli: Aircraft Noise, Air Pollution, and Mortality From Myocardial Infarction, Epidemiology, 2010, doi:10.1097/EDE.0b013e3181f4e634