Kaum ein Unternehmen spielt derart gewieft auf der Klaviatur des sonntäglichen Medien-Konzerts wie die Swiss. Vor Wochenfrist verwöhnte man die Leserschaft der «NZZ am Sonntag» mit Informationen über das florierende Geschäft und den Kauf zusätzlicher Langstreckenflugzeuge. Letzten Sonntag klagte CEO Harry Hohmeister bei der Konkurrenz wortreich über die schwierigen Bedingungen, mit denen das Unternehmen am Flughafen Zürich zu kämpfen hat. Er verpasste es dabei nicht, den (Teil-)Abzug der nationalen Fluggesellschaft anzudrohen, sollte man ihrem Wachstumsdrang weiterhin derart enge Fesseln verpassen wie bisher.
Grundsätzlich ist Hohmeisters Lamento weder überraschend noch vollständig unverständlich. Natürlich wünscht sich jeder Airline-Manager an seinem Hub-Standort ideale Bedingungen: Dazu gehören möglichst lange Betriebszeiten und unbegrenzte Kapazitäten zu jeder Tageszeit. Beides ist in Zürich derzeit nicht zu haben. Die Nachtruhe ist – auf Antrag des Flughafens – soeben um eine Stunde verlängert worden, und die Verkehrsbelastung ist zu Spitzenzeiten derart gross, dass Verspätungen nicht immer zu vermeiden sind.
Die Jeremiade aus der Swiss-Zentrale kommt aber schlecht getimt. Wenn der CEO der wichtigsten Fluggesellschaft am Platz im Jahr vor der Abstimmung über ein Pistenbau-Verbot auf seinem Hub ein Parallelpisten-System und eine verstärkte Belastung der Bevölkerung im Süden fordert, dann zeigt er wenig Sensibilität und droht sich so ins eigene Fleisch zu schneiden. Die Parallelpisten sind im SIL-Prozess – einem langwierigen Seilziehen zwischen den Bedürfnissen des Flughafens, des Landes und der Bevölkerung – ausser Rang und Traktanden gefallen. Wenn Hohmeister jetzt Parallelpisten fordert, dann gefährdet er damit diesen mühsam errungenen Kompromiss und die nötigen Pistenverlängerungen.
Ärgerlich sind Hohmeisters indirekte Drohungen mit einem Teilabzug der Gesellschaft. Das ist Jammern auf hohem Niveau. Der Swiss-CEO weiss haargenau, was er am Flughafen Zürich hat: einen stadtnahen, öffentlich perfekt erschlossenen, gut organisierten, international gerühmten Flughafen mitten in einem Markt mit unvergleichlicher Kaufkraft. Dass für dieses Gesamtpaket im Gegenzug einige Nachteile in Kauf zu nehmen sind – schwierige Topografie und eine dichte Bevölkerung mit einigen, aber weitgehend nachvollziehbaren Sensibilitäten –, damit wird die Swiss leben müssen.
siehe auch:
«ES GIBT ALTERNATIVEN ZU ZÜRICH» (Sonntagszeitung)
Wird Zürich zum Provinzflughafen? (20min)
Panikmache (Tele Top)
«Man kann die Leute nicht umsiedeln, um Parallelpisten zu bauen» (TA)