\'Gekrümmte\' Landungen sollen Fluglärm in Wohngebieten vermindern (AHN)

Publiziert von VFSNinfo am
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Fluggesellschaft Air Berlin haben ein neues Verfahren zur Reduzierung von Fluglärm in Wohngebieten getestet. Bei 15 Landungen auf dem Braunschweiger Forschungsflughafen habe man erstmals den gekrümmten Anflug mit Hilfe der Satellitennavigation erprobt, sagte der Direktor DLR-Institus für Flugführung, Dirk Kügler, am Montag in Braunschweig.

Braunschweig (dapd). \'Mit Hilfe der Satellitennavigation können wir bei der Landung Wohngebiete umfliegen\', sagte er. Zudem würden steilere Anflüge möglich, bei dem sich die Maschinen später dem Boden näherten.

Bei den Test in Braunschweig flog eine Maschine der Air Berlin genau die gekrümmten Anflüge nach, die bald am Frankfurter Flughafen nachts zu einer Reduzierung der Zahl der stark von Fluglärm betroffenen Bürger sorgen sollen. Nach Angaben von Kügler wurden dabei am Boden Lärmmessungen durchgeführt, die in den nächsten Monaten noch ausgewertet werden müssen.

Der Geschäftsführer der Deutschen Flugsicherung, Ralph Riedle sagte, die neuen Anflugverfahren seien aus seiner Sicht genauso sicher, wie der bislang übliche gerade Anflug über einen Leitstrahl. Er rechne noch dieses Jahr mit der Genehmigung des Bundesverkehrsministeriums und mit der Einführung gekrümmter Anflüge im Nachtbetrieb des Frankfurter Flughafens.

Bei der ersten praktischen Erprobung des gekrümmten Landeanflugs in Frankfurt sollen dicht besiedelte Gebiete, etwa in Offenbach, gezielt umflogen werden. Der krumme und steilere Anflug und weitere Maßnahmen sollten die Höchstbelastungen durch nächtlichen Fluglärm unter dem Strich um rund 40 Prozent reduzieren, sagte der DLR-Vorstandsvorsitzende Johann-Dietrich Wörner. Allerdings würden auch beim gekrümmten Landeanflug künftig keine menschenleeren, sondern nur dünner besiedelte Gebiete überflogen. Der Fluglärm werde damit in dünner besiedelte Gebiete verlagert.

Nach Angaben von Air-Berlin-Vorstand Christoph Debus ermöglicht erst das neue satellitengestützte GLS-Navigationssystem gekrümmte Landeanflüge. Derzeit gebe es dieses System europaweit erst an den Flughäfen in Bremen und in Malaga. \'Würden es begrüßen, wenn es an allen Flughäfen eingeführt würde\', sagte Debus. Neben Frankfurt sollten damit vor allem auch die Flughäfen Düsseldorf, Nürnberg und der neue Flughafen Berlin-Brandenburg damit ausgestattet werden.

ad-hoc-news, 07.09.2010


Hunderte verfolgen Flugtests in Waggum (Newsklick)

Wissenschaftler simulieren in Braunschweigs Luftraum die Situation über Frankfurt. Hunderte von Schaulustigen und knapp ein Dutzend Journalisten und Kamera-Teams haben die Flugversuche auf dem Flughafen in Waggum verfolgt.

So viele waren es bei einem Forschungsvorhaben noch nie. Das Fliegen fasziniert offenbar wie eh und je. Menschen jeglichen Alters – die meisten mit Fotoapparaten ausgestattet – nutzten die Gelegenheit, um zu sehen, wie vom Braunschweiger Flughafen die Boeing 737-700 startet. Bei ihr handelt es sich um eine der modernsten Passagier-Maschinen der Welt.

Mit Hilfe der Boeing der Fluggesellschaft Air Berlin erforschte das direkt am Flughafen beheimatete Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), wie sich Anfluglärm vermindern lässt. Dazu gab es nach DLR-Angaben von mittags bis abends 15 Starts und Landungen.

Acht Messstationen zeichneten am Boden auf, wie laut die Maschine bei den Landeanflügen ist. Die Geräte standen unter anderem zwischen Lehre und Wendhausen, kurz vor Lehre und an der Autobahn 39 – und sie waren genau so verteilt, dass sie der Anflugstrecke auf den Flughafen Frankfurt/Main ähneln und die Situation dort simulieren. Dieser Flughafen ist der drittgrößte Europas und der mit Abstand größte in Deutschland.

Vor allem Offenbach und Hanau sind nach Auskunft von Dr. Bernd Korn, Leiter der Pilotenassistenz am DLR, vom Anfluglärm auf den Frankfurter Flughafen betroffen. Aus der Rhein-Main-Region waren auch die ungewöhnlich vielen Journalisten und TV-Teams angereist. Sie werden den Menschen in ihrer Heimat berichten, dass diese Städte künftig weitgehend umflogen werden und die Lärmbelastung sinkt. Möglich macht es laut Korn die moderne Navigations-Technik. Dank ihr soll während des Anflugs die gewöhnlich gerade Anfluglinie verlassen werden können.

Was in der Theorie gut klingt, überprüfte über Braunschweig unter anderem Air-Berlin-Pilot Marc Altenscheidt. „Für mich ist das eine normale Herausforderung", sagt der Flugkapitän. Er muss unter anderem die Fragen beantworten, ob auch ein steilerer Anflug möglich ist und ob er Sicherheitsprobleme sieht.

DLR-Experte Korn ist überzeugt: „Die Anforderungen an die Piloten werden nicht höher." Die Passagiere aber würden die gekrümmten Anflüge bemerken. Korn sagt: „Diese Versuchsflüge sind immer etwas Besonderes für uns. Und sie sind ein Alleinstellungsmerkmal für Braunschweig."

Das betont auch Reinhard Manlik, der Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft: „Sinn eines Forschungsflughafens ist es, Forschung zu betreiben. Bei den Flugversuchen geht es darum, Lärmschutz und die Sicherheit zu verbessern."

Julius Buch war einer der Schaulustigen, der von der Besucherplattform aus die Flüge genau verfolgte. „Es geht voran mit Braunschweig, auch diese Flüge hier schaffen Arbeitsplätze", meint der Mann aus der Schuntersiedlung, bevor er seinen Blick wieder auf die Start- und Landebahn richtet – wie Hunderte von anderen Schaulustigen auch.

Über die Ergebnisse der Versuchsflüge berichten wir am Dienstag in unserer Serie „Wissen aus Braunschweig".

newsklick.de, 07.09.2010


Kommentar VFSN: Interessanten Fakten. Vor allem wenn man sie mit den Aussagen des BAZL vergleicht: Der gekröpfte Nordanflug ist in weite Ferne gerückt (ZSZ).