Fliegen mit der Swiss ist für Schweizer teurer (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Wer einen Langstreckenflug ab Zürich mit Swiss nimmt, bezahlt mehr als derjenige, der den gleichen Flug ab Brüssel bucht. Die Tarife der Swiss sind für Konsumenten schwer durchschaubar. Umwege fliegen kann sich lohnen.

Von Rahel Guggisberg

Das Ärgernis dieser Sommerferien: Wer einen Economyflug der Swiss von Zürich nach Delhi bucht, bezahlt beim Onlineticketshop «Airlinedirekt» 909 Euro, inklusive Gebühren. Fliegt der Reisende mit Swiss ab Brüssel nach Zürich und dann nach Delhi, so kostet dieser Flug 625 Euro. Das bedeutet eine Ersparnis von 274 Euro, also rund 390 Franken. Der clevere Konsument, der jetzt denkt, er könne den Flug ab Brüssel buchen und dann erst in Zürich einsteigen, bekommt Probleme: Der Flug wird für ihn annulliert. Er muss den Flug neu buchen und nochmals bezahlen.

Hans-Jörg Leuzinger, Präsident des Schweizerischen Reisebüro-Verbandes, hält nicht viel von dieser Tarifgestaltung: «Aber sie gehört vorläufig noch zum Alltag.» Bisher hat es zu dem Thema noch nie einen Gerichtsentscheid gegeben: «Die Fluggesellschaften wollen dies mit aller Kraft verhindern», weiss er. Sie haben bisher mit den Klägern immer Vergleiche gefunden.

Auch die Flüge ab Paris, Amsterdam oder Brüssel via Zürich sind meist billiger als Direktflüge ab Zürich. Die tieferen Preise gelten auch in der Business- und der Firstklasse.

«Direktflüge sind teurer als Umwegflüge. Das ist in der Flugbranche üblich», sagt Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel. Die höheren Preise bei Direktflügen rechtfertigt er damit, dass Konsumenten auch mehr Komfort hätten.

Ziel der Fluggesellschaften sei, mit vergünstigten Indirektflügen Kunden zum Einsteigen in die eigenen Maschinen zu motivieren. Donzel betont: «Die Swiss muss Mitbewerbern auf den hart umkämpften Plätzen Kunden abwerben. Das kann sie unter anderem mit tieferen Preisen.» Die Swiss müsse so die Flugzeuge auffüllen, da der Schweizer Markt zu klein sei.

Für Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) ist diese Praxis nicht nachvollziehbar: «Würde der Schweizer Markt allein nicht schon rentieren, wären die zahlreichen Fluggesellschaften schon lange nicht mehr hier.» Man versuche mit allen Mitteln, die Hochpreisinsel Schweiz aufrechtzuerhalten.

Hin-und-zurück-Paket

Ein weiteres Ärgernis betrifft den Retourzwang bei Flugtickets: Hans-Jörg Leuzinger schildert den Fall eines Geschäftskunden, der ein Retourticket Zürich–Paris–Zürich gebucht hatte. Da er auf dem Hinweg mit einem Kollegen im Auto mitfahren konnte, wollte er nur den Rückflug antreten. Am Flughafen in Paris durfte er jedoch das Flugzeug nicht besteigen, weil er den Hinflug nicht angetreten hatte. Der Flug sei verfallen, hiess es.

Auch bei der Fluggesellschaft Swiss kommen solche Fälle vor. Allerdings hielt die Swiss-Praxis letztes Jahr vor dem Basler Zivilgericht nicht stand: Eine Passagierin buchte bei der Swiss einen Flug Paris–Zürich retour. Sie konnte den Hinflug nicht antreten. Somit verfiel auch der Rückflug von Zürich nach Paris. Die Passagierin wehrte sich. Die Swiss erschien gar nicht vor Gericht. In diesen Fällen entscheidet das Gericht aufgrund der Argumentation der Klägerin, sodass die Swiss der Frau eine Entschädigung bezahlen musste. Ein aussagekräftiges Urteil gibt es aber erst, wenn die Swiss am Rechtsfall als Partei auftritt.

Anwalt: Kein Verständnis

Seit etwa einem Jahr muss der Swiss-Kunde bei der Onlinebuchung explizit der Klausel zustimmen, dass die im Flugschein eingetragenen Strecken in der gebuchten Reihenfolge abgeflogen werden müssen.

Die Klausel der Swiss und anderer Fluggesellschaften findet der auf Reiserecht spezialisierte Jurist Rolf Metz rechtlich fraglich: «Es besteht keine Pflicht, bezahlte Leistungen tatsächlich in Anspruch zu nehmen.» Er vergleicht die Ticketpraxis mit dem Menu im Restaurant: «Der Wirt verlangt auch nicht mehr Geld, wenn ich die Vorspeise beiseite lasse und nur den Hauptgang esse.»

Wer in Zukunft von den günstigeren Flugtickets profitieren will, dem bleibt nichts anderes übrig, als Umwege in Kauf zu nehmen. Das kommt auch tatsächlich vor: Laut Branchenkennern nehmen immer mehr Schweizer Passagiere, die Zeit und Geduld haben, einen Umweg in Kauf und sparen so Reisegeld.


Kommentar von Rahel Guggisberg:

Mit gesundem Menschenverstand ist es nicht nachvollziehbar, warum bei einem bezahlten Flug, der nur teilweise benützt wird, das ganze Ticket ungültig wird.

Ausser Fluggesellschaften kennen keine anderen Schweizer Transportunternehmen solche Klauseln. In einer Zeit, wo das Flugzeug zum Massenverkehrsmittel geworden ist, dürfte eine solch kundenunfreundliche Praxis keinen Bestand mehr haben.

Unverständlich ist auch, dass Swiss-Flüge ab Zürich massiv teurer sind als ab anderen europäischen Flughäfen. Die Swiss nutzt die höhere Kaufkraft von Schweizer Konsumenten aus. Dass kostenbewusste Schweizer so zu billigeren Umwegen «gezwungen» werden, ist ineffizient und für die Umwelt belastend.

Das Argument der höheren Bequemlichkeit eines Direktfluges erscheint vor diesem Hintergrund mehr als fadenscheinig. Es ist an der Zeit, dass die Swiss Schweizern und Europäern die Flüge zu gleichen Preisen anbietet. Damit verhindert die Airline auch, dass sich ein Schweizer Konsument auf dem ganzen Flug schlecht fühlt, wenn er neben einem Europäer sitzt, der für die gleiche Leistung massiv weniger bezahlt hat. Und eine gerade bei Schweizern hohe Kundenzufriedenheit sollte oberstes Ziel unserer Airline sein.

Tages-Anzeiger, 24.08.2010


Kommentar VFSN: Diese absult überflüssige wie absurde Umwegfliegerei ist eine gute Methode um Nachfrage zu generieren, den Sitzladefaktor zu erhöhen, Überkapazitäten auszulasten und Flugbewegungen für die Statistik der Flughäfen zu erhöhen. So kann man wunderbar, obwähl gemäss Ausagen der deutschen Swiss der Schweizer Markt jetzt schon zu klein ist, noch mehr Kapazität verlangen um die "Nachfrage" der einheimischen Bevölkerung zu befriedigen.