Ab Ende Juli gilt am Flughafen Zürich eine auf 7 Stunden verlängerte Nachtruhe. Das bringt die Swiss in Engpässe. Die Luftfahrtbehörde will dem Hub-Carrier deshalb bis zum neuen Flugplan im Herbst mehr Spielraum für Ausnahmen gewähren.
Adrian Krebs
Im vergangenen April hat das Bundesgericht entschieden: Der Flughafen muss die von ihm selber beantragte verlängerte Nachtruhe einführen. In Kraft trat sie nicht sofort, weil diese Änderung zuerst in der aviatischen Welt verbreitet werden musste. So einigte sich der Flughafen mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) auf die frühestmögliche Einführung per 29. Juli 2010.
Noch keine höhere Flexibilität
Dies bedeutet, dass die Nachtruhe künftig von 23 Uhr bis 6 Uhr morgens dauert, bis 23 Uhr 30 ist Verspätungsabbau möglich. Damit verkürzt sich die Betriebszeit um eine Stunde. Dies ist vor allem für die Swiss ein Problem. Mitten im Sommerflugplan ist sie mit einem engeren Spielraum konfrontiert. CEO Harry Hohmeister hat sich diesbezüglich schon mehrmals beklagt, kürzlich sprach er von der Gefahr, dass sich der Flughafen zum «Stehhafen» entwickeln könnte. Er befürchtet, dass Interkontinentalmaschinen, die bisher bis um 0 Uhr 30 Anschlüsse aus Europa abwarten konnten, künftig ohne einen Teil der Passagiere abheben müssen. Der Ärger Hohmeisters ist insofern berechtigt, als der Flughafen zusammen mit der Nachtruhe eine flexiblere Pistennutzung beantragt hatte, um so die zusätzliche Ruhezeit zu kompensieren. Den Entscheid über diese Frage hat das Bundesgericht allerdings vertagt.
Deshalb wird nun hinter den Kulissen auf Hochtouren über die drei kritischen Monate bis zum Flugplanwechsel Ende Oktober debattiert. Die Flughafenverantwortlichen stehen im Gespräch mit Bazl und Kanton Zürich über mögliche Lockerungen in dieser Phase, wie Flughafen-Sprecherin Sonja Zöchling erklärt. Es sei auch im ureigenen Interesse des Flughafens, in den drei Monaten einen möglichst reibungslosen Betrieb zu garantieren.
Beim Bazl stösst man mit diesem Anliegen auf Verständnis. Sprecher Daniel Göring sagt, dass man dem Flughafen in der betreffenden Periode eine etwas längere Leine gewähren werde. Das heisst konkret, dass die im Betriebsreglement gewährten Ausnahmebewilligungen grosszügiger gehandhabt werden sollen. Dort sind die Formulierungen etwas schwammig. Als Ausnahmen sind neben Notlandungen, Ausweichlandungen aus Witterungsgründen, Flügen zur Katastrophenhilfe und für polizeiliche Zwecke auch «dringende Flüge mit Ausnahmebewilligung des Bazl» vorgesehen. In der Praxis allerdings, so erklärt Göring, wird nicht das Bazl über die Ausnahmebewilligungen entscheiden: «Wir können ja nicht einen Hochsitz an den Pistenrand stellen, um dort den Verkehr zu überwachen», sagt er.
Flughafen entscheidet selber
Die Entscheidungsbefugnis wird beim Flughafen liegen, Ausnahmen sind beim Bazl meldepflichtig. Zusätzliche Überwachungsfunktion übernimmt die kantonale Fachstelle Flughafen und Flugverkehr, die ebenfalls ans Bazl rapportiert. In Bern soll dann beurteilt werden, ob die Ausnahmen effektiv unumgänglich waren. Göring nennt als gültige Ursachen massive Verspätungen zum Beispiel aufgrund von Streiks oder schlechten Wetterbedingungen. Das Bazl erwarte aber von der Swiss, dass sie alles daransetze, die Flüge rechtzeitig auf die Reise zu schicken. Swiss-Sprecherin Sonja Ptassek sagt, dass sich die Firma intensiv darauf vorbereite, Verspätungen zu reduzieren. Im Winterflugplan wolle man wieder strenger werden, sagt Göring, das heisst, dass die Swiss versuchen muss, ihre Interkontinental- und Zubringerflüge früher zu planen.
Kommentar VFSN: Nicht, dass es uns auch nur im Geringsten überraschen würde: Die Nachtruheverlängerung wird als de fakto nicht stattfinden. Der Flughafen Zürich wird wie schon bei der Aschewolke jeden beliebigen Flug zum "Notfall" erklären und das BAZL wird jedes Gesuch wie gewohnt innert Minuten durchwinken.