Seit fünf Jahren gehört die Fluggesellschaft Swiss zur deutschen Lufthansa. Deren Konzernchef Wolfgang Mayrhuber äussert sich Im Interview über den Modellcharakter der Integration der Swiss, über Wachstumschancen und darüber, warum staatlich verordneter Klimaschutz nicht viel bringe.
NZZ Online: Herr Mayrhuber, die Lufthansa und ihre Töchter stellen ein Netzwerk verschiedener Marken unter einem Dach dar. Rechnet sich das auch wirtschaftlich?
Mayrhuber: Ja, eindeutig. Einheitsbrei ist nicht unsere Sache. Individueller Service und «Shared» Services bringen wir in Einklang. Ich vergleiche unser Konzept gerne mit einer Küche: Wir kaufen die Kartoffeln zentral ein und schöpfen daraus Synergien. Unsere Kunden bekommen davon aber nichts mit, denn die verschiedenen Marken kochen alle etwas anderes daraus, die Schweizer machen Rösti, die Österreicher Knödel, die Deutschen Bratkartoffeln und die Belgier Pommes frites. Der Reiz an unserem Modell ist es ja genau, dass die einzelnen Marken spezifisch auf die Wünsche ihrer Kunden eingehen.
Die Swiss gehört seit fünf Jahren zur Lufthansa. Was hat Sie bei dieser Integration am meisten überrascht?
Die Geschwindigkeit. Ich hatte mit mehr Hinkelsteinen auf dem Weg gerechnet. Aber die Professionalität der Mitarbeiter und die Kompetenz der Swiss-Führung in Kombination mit dem Lufthansa-Werkzeugkoffer, den die Swiss sehr gut und vollständig für sich zu nutzen vermochte, sowie die konjunkturelle Entwicklung haben damals fast ideale Bedingungen geschaffen. Sicher mit ein Faktor war auch die Vorgeschichte zwischen der Lufthansa und der Swiss.
Es ist auch Zeichen der hervorragenden Zusammenarbeit, dass wir bei gewissen theoretisch errechneten Synergieeffekten oder bei der Produktentwicklung in der Praxis auf die Umsetzung verzichtet haben, wenn wir sahen, dass es nicht effizienter ist. Die Swiss hat für uns durchaus auch als Entwicklungsbetrieb und Inkubator für gewisse Prozesse gedient, die man in einem grossen Unternehmen nur viel langsamer, behutsamer, ja auch vielleicht weichgespülter vornehmen kann.
Wie geht die Lufthansa mit dem Anflug- und Wachstumsproblem in Zürich um?
Es ist ein trauriges Kapitel, dass es noch nicht gelungen ist, eine Lösung zu finden. Und ich halte es auf die Dauer auch nicht für hinnehmbar, wenn wir angesichts der globalen Entwicklung noch in solch kleinräumigen Kategorien denken. Ich hoffe, dass endlich Bewegung in das Dossier kommt, auch der Umwelt zuliebe. Was das Wachstum betrifft, können wir in einem überschaubaren Zeitraum mit einer entsprechenden Flugzeuginvestition schon noch etwas zulegen. Aber die Frage stellt sich, welche Produktivität und Kapazität der Flughafen in zwanzig Jahren haben wird und wo der Plafond erreicht ist. Das wird auch sehr von der Wahrnehmung der Lärmemission in der Anwohnerschaft abhängen. Hier gibt es dramatische technische Verbesserungen. Honorieren die Bürger die Reduktion des Lärmteppichs? Auch wir müssen hier unsere Aufgaben erledigen.
Wie stellt sich die Lufthansa auf strengere Emissionsregeln in Europa ein?
Die Luftverkehrsindustrie muss ihre Leistung und ihre Öko-Potenziale besser darstellen. Die weltweite Nutzung des Internets verursacht so viel Emissionen wie der weltweite Luftverkehr. Und wir arbeiten daran, unsere Emissionen weiter erheblich zu reduzieren. Wir haben ein hohes Interesse, denn der Treibstoff ist für uns ein riesiger Kostenblock. Wenn nun auch die Politik ein echtes Interesse daran hat, etwas für die Umwelt zu tun, dann hätte sie den grössten Hebel selber in der Hand mit der Verwirklichung des «Single Sky», mit dem, ohne einen zusätzlichen Euro auszugeben, die Emissionen um 12 Prozent reduziert werden könnten. Wo gibt es solche Potenziale? Sie hätte es auch in der Hand, Eckwerte wie beispielsweise hier in Frankfurt nicht so hoch anzusetzen, dass wir in 70 Prozent aller Tage dazu gezwungen wären, Umwege und Warteschleifen zu fliegen. Und das ist kein lokales Phänomen: In Europa fliegen die Airlines durchschnittlich 50 Kilometer Umweg pro Strecke.
Das Interview führten Claudia Aebersold Szalay und Markus Spillmann. Die vollständige Fassung erscheint am Donnerstag in der NZZ.