Oliver Steimann
Schwarz-Gelb statt Schwarz-Rot: Die neue Zusammensetzung der deutschen Regierung bleibt nicht ohne Folgen - auch für die Schweiz. Davon ist Thomas Borer-Fielding, von 1999 bis 2002 Botschafter in Berlin, überzeugt. «Der Machtwechsel wird auf die Schweiz tendenziell positive Auswirkungen haben», kommentiert er im Gespräch. Borer pflegt auch heute noch enge Kontakte zur Berliner Polit-Szene.
Den designierten Aussenminister, FDP-Präsident Guido Westerwelle, kennt er seit vielen Jahren. Gerade von Westerwelle erwarte er einen neuen Ton gegenüber dem südlichen Nachbarn: «Die FDP ist von ihrer ideologischen Grundlage her der Schweiz und ihren Prinzipien näher als andere deutsche Parteien.»
Westerwelle habe ja auch in der Auseinandersetzung zwischen der Schweiz und SPD-Finanzminister Per Steinbrück die Schweiz mehrfach in Schutz genommen und sich gegen die polemische Art und Weise der Auseinandersetzung gestellt.
Nicht länger auf der langen Bank
Doch wird die FDP als Juniorpartnerin in der Koalition überhaupt genügend Einfluss haben, um den Kurs gegenüber der Schweiz zu prägen? Borer ist zuversichtlich: «Diesbezüglich wird sich die Partei wohl durchsetzen können.» In Fragen der innerdeutschen Politik - beispielsweise bei den geforderten Steuersenkungen - seien Bedenken eher angebracht.
Doch nicht nur der Tonfall soll sich ändern - Borer hofft, dass die deutsche Regierung dank dem Einfluss der FDP bereit sein wird, «das Flughafenproblem objektiv und in gutnachbarschaftlichem Verhältnis anzugehen». Kanzlerin Angela Merkel habe den Konflikt leider auf die lange Bank geschoben. «Ich hege die Hoffnung, dass man nun endlich zu tatsächlichen Gesprächen zurückkehren kann.»
Der Schweiz rät Borer, ihre Anliegen in Berlin schon bald in einem freundschaftlichen Ton vorzubringen. «Das entspricht nun mal meiner Natur», fügt er lachend an. Es werde aber einige Monate dauern, bis Bewegung in die Sache komme. Die neue Regierung müsse sich nun zunächst einmal formieren und habe vorläufig andere Prioritäten. Einiges hänge auch davon ab, wer Wolfgang Tiefensee als Bundesverkehrsminister ablösen wird. Seit 1998 lag dieses Amt immer in den Händen von Sozialdemokraten.
Alle Wege weiterverfolgen
Dass man in Bern nach wie vor auch auf den juristischen Weg setzt - beispielsweise mit der Klage gegen die deutsche Anflugverordnung vor dem EU-Gerichtshof in Luxemburg -, ist für den Ex-Botschafter absolut nachvollziehbar. «Wir müssen in dieser Sache alle Wege weiterverfolgen.» Grössere Hoffnungen setzt er allerdings auf die Wirtschaft.
«Alle deutschen Unternehmen, die wichtige Interessen in der Schweiz haben - die Lufthansa, EADS, Siemens, die Autohersteller -, sollten sich bei der neuen Regierung für eine Lösung des Konflikts einsetzen.» Dank der Regierungsbeteiligung der FDP sei man in Berlin für solche Botschaften wahrscheinlich empfänglicher als bis anhin.