Fluglärm für alle ist keine Lösung (ZSZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Ein bisschen Lärm für alle, damit niemand zu viel abbekommt ? das ist die Idee von «Fairflug». Doch die Initiative ist eine Mogelpackung.

Oliver Steimann

Es ist der einseitigste Abstimmungskampf, den der Kanton Zürich je erlebt hat. In allen Medien, von allen Parteien, auf Flugblättern und Plakatwänden wird ein Nein zur «Fairflug»-Initiative empfohlen. Für ein Ja hingegen steht niemand ein, nicht einmal das Initiativkomitee. Zu spät hat dessen Präsident Kurt Klose realisiert, dass er politisch allein auf weiter Flur steht. Anstatt das chancenlose Volksbegehren zurückzuziehen, hofft er nun, mit einer wohl ebenso chancenlosen Stimmrechtsbeschwerde das Gesicht zu wahren. Warum ist es überhaupt so weit gekommen?

Als die Initiative im Jahr 2006 lanciert wurde, stand die Flughafenpolitik noch an einem anderen Punkt. Es gab noch keinen Zürcher Fluglärm-Index (ZFI), und zum Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) waren noch keine entscheidenden Weichen gestellt worden. Die Idee, den Fluglärm breit zu streuen anstatt zu kanalisieren, stand bei manchen Bürgerorganisationen und Politikern hoch im Kurs. Umfragen zeigten auf, dass das Verteilprinzip auch beim Stimmvolk gewisse Sympathien genoss.

Heute hat sich die Diskussion auf andere Ebenen verlagert. Im SIL-Prozess hat der Bund längst festgelegt, dass keine weitere Verteilung der Flugbewegungen anzustreben sei. Südanflüge und zusätzliche Ostanflüge haben die Unzufriedenheit im Kanton in den vergangenen Jahren derart angeheizt, dass die Forderung, auch noch Südostanflüge über Uster einzuführen, aus heutiger Sicht absurd anmutet.

Auch drei Stunden Lärm stören

Das Argument der Initianten, der Lärm lasse sich durch eine breitere Streuung verdünnen und so für alle erträglich machen, verfängt nicht. Diese «Verdünnung» mag zwar bewirken, dass in manchen Gebieten die Lärmgrenzwerte des Bundes nicht mehr überschritten werden. Dies ist aber nur deshalb der Fall, weil der Lärm bei offiziellen Messungen über 16 Stunden ermittelt wird. Im individuellen Empfinden der Betroffenen fallen drei Stunden konzentrierter Lärm pro Tag aber weit stärker ins Gewicht als 13 ruhige Stunden. Viele Anwohner in der Südschneise, die nach offizieller Lesart gar keinen Fluglärm erdulden müssen, können davon ein Liedchen singen.

Ungleich verteilte Vorteile

Die Initiative stösst aber auch in den seit je belärmten Gebieten im Norden des Airports auf wenig Gegenliebe. Der Grund ist einfach: Sie werden von der angeblichen «Fairness» völlig ausgeklammert. Der Initiativtext, in vielen Belangen wenig konkret formuliert, ist in einem Punkt glasklar: «Anflüge sind gemäss historischen Gegebenheiten von Norden her auf die Pisten 14 oder 16 zu leiten.» Verteilt werden soll nur während der deutschen Sperrzeiten. Hinzu kommt eine weitere Einschränkung: So lange die Piste 28 nicht verlängert wird, kann der Flughafen die am frühen Morgen landenden Langstreckenflugzeuge nie als Ostanflüge einplanen.

Diese Voraussetzungen haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Initianten, die selbst aus dem Osten des Kantons stammen, keine Verbündeten gefunden haben und heute weitgehend isoliert dastehen. Dass sie sich als Reaktion darauf trotzig einem Abstimmungskampf verweigern und damit drohen, das Resultat des Urnengangs vor dem Bundesgericht anzufechten, macht die Sache nicht besser. So lässt sich erst recht kein guter Grund mehr finden, dieser Initiative zuzustimmen.

ZSZ, 19.09.2009


Kommentar VFSN: Was der VFSN schon lange erkannt hat: die Fairfluginititaive zeigt nun unmissverständlich und schonungslos auf, was der Osten unter Fairness und Solidarität versteht. Die Pistenstopp Initiative (Abstimmung im nächsten Frühling) geht noch einen Schritt weiter als die Fairflug Initiative: Ziel beider Initativen ist, den Fluglärm möglicht komplett vom Osten in die dicht besiedelten Gebiete im Süden des Flughafens zu verschieben.