Die Schweiz hat am Mittwoch vor dem Europäischen Gericht in Luxemburg die deutschen Überflugbeschränkungen auf den Flughafen Zürich als unverhältnismässig und diskriminierend bezeichnet. Ob sie damit erfolgreich war, wird sich in einigen Monaten weisen.
(sda) Zumindest gab die Fluggesellschaft Swiss nach der Verhandlung ihrer Hoffnung Ausdruck, dass das Gericht die Gleichberechtigung mit anderen deutschen oder europäischen Flughäfen anerkenne. Nun warten Swiss und der Zürcher Flughafen wie die anderen Parteien auf das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaft (EuG). Dieses dürfte aber erst nächstes Jahr fallen.
Die drei Richter hätten sich intensiv mit dem Thema befasst und hätten deshalb pointierte Fragen stellen können, erklärten Beobachter. Bei den rund dreistündigen Verhandlungen wurden verschiedene Themen vertieft, so auch die Frage, ob die Schweizer Klage überhaupt zulässig sei. Dies wurde allerdings weder von der Kommission noch von Deutschland bestritten.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage beim EuG richtete sich die Eidgenossenschaft gegen einen Entscheid der EU-Kommission vom Dezember 2003. Damals lehnte die Kommission eine Beschwerde der Schweiz ab. Diese hatte sich auf die einseitige deutsche Verordnung bezogen, die Flugbeschränkungen für den süddeutschen Raum vorsieht und damit die Swiss und den Flughafen Zürich betrifft.
Anliegen Flughafen und Anwohner
Die Schweiz hatte darauf kritisiert, die Kommission reduziere das Luftverkehrsabkommen Schweiz-EU auf einen reinen Austausch von Verkehrsrechten. Am Mittwoch stand nun eine Verletzung des Abkommens mit den Hauptpunkten Unverhältnismässigkeit der Massnahmen, Diskriminierung der Swiss und Schutzwürdigkeit der Anliegen des Flughafens Zürich und seiner Anwohner zur Debatte.
Die Schweiz vertritt den Standpunkt, dass das bilaterale Luftverkehrsabkommen sich nicht auf Angelegenheiten des Luftverkehrs beschränkt. Es erstrecke sich auch auf die Anliegen der Flughafenbetreiber und -anwohner. Deren Schutzwürdigkeit müsse geprüft werden.
Dem hält die Kommission, zusammen mit Deutschland und dem Landkreis Waldshut entgegen, die Überprüfung sei generell auf die Frage beschränkt, welche Auswirkungen nationale Massnahmen auf den Marktzugang von Luftfahrtunternehmen hätten.
Die Auswirkungen auf die Interessen der betroffenen Flughäfen könnten nicht berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall sei dies ein bilaterales Problem, so die Kommission. Dieses müsse zwischen Deutschland und der Schweiz gelöst werden.
Diskriminierung der Swiss
Beim Thema der Diskriminierung der Fluggesellschaft Swiss weist die Eidgenossenschaft darauf hin, dass die Swiss als Hauptnützerin des Flughafens Zürich am stärksten von den deutschen Beschränkungen betroffen sei. Deutschland habe bei keinem eigenen Flughafen auch nur annähernd gleich strenge Vorschriften erlassen, wie in der Verordnung, die den Flughafen Zürich betrifft.
Die EU-Kommission kommt ihrerseits zum Schluss, dass die deutschen Massnahmen nicht diskriminierend seien, da sie für alle Flugdienste gelten würden, die über deutsches Hoheitsgebiet führten. Zudem bezweifeln die Kommission, Deutschland und Waldshut, dass die deutschen Beschränkungen Grund für Verspätungen oder die Absage von Flügen der Swiss seien.
Unverhältnismässigkeit
Weiterer Kritikpunkt der Schweiz, der von den Richtern detailliert angeschaut wurde, ist die Unverhältnismässigkeit der Massnahmen von deutscher Seite. Es hätte nach Schweizer Sicht Alternativen zur Verordnung gegeben.
So hätte Deutschland für die An- und Abflüge über süddeutsches Gebiet Lärmkontingente vorschreiben können. Eine ähnliche Lösung gebe es für den Flughafen Frankfurt.
Die Kommission entgegnet auf diesen Punkt, dass ein Lärmkontingent seitens Deutschlands so hätte festgesetzt werden müssen, dass es letztlich die gleiche Wirkung gehabt hätte, wie nun die Verordnung. Zudem sei die Situation des betroffenen Gebiets nicht mit jener eines Flughafens vergleichbar.
siehe auch:
DVO vor EU-Gericht (VFSN)
Letzter Angriff auf die DVO (ZOL)
Fluglärmstreit vor Gericht: Schweiz klagt auf Diskriminierung (TA)