«Fairflug»-Initianten wollen den Lärmteppich verdünnen (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Vorschau auf die Verteilungsinitiative

Die «Fairflug»-Initiative will den Fluglärm noch stärker verteilen und damit den Lärmteppich «verdünnen». In der Folge würden einzelne Regionen aber mehr Lärm erhalten als bisher. Die Ablehnung der Initiative reicht bis weit in flughafenkritische Kreise hinein.

ark. Die Frage, ob der Fluglärm ausgewogen verteilt oder konzentriert werden soll, beschäftigt im Zürcher Flughafenkonflikt schon länger. Meistens reden Regionen mit bestehender starker Belastung einer Verteilung das Wort, während bescheiden oder gar nicht überflogene Gebiete die Kanalisierung der Emissionen befürworteten. Es ist denn auch kein Zufall, dass die «Fairflug»-Initiative aus dem Osten des Flughafens stammt, wo die Lärmbelastung wegen der abendlichen Anflüge seit 2001 stark zugenommen hat.

«Fluglärmsolidarität» kämpft alleine

Hinter dem Begehren steht die Bürgerinitiative Fluglärmsolidarität um den Anwalt Kurt Klose aus Rikon und den Zahnarzt Walter Rohr aus Birchwil. Der umstrittene Klose und seine teilweise radikalen Positionen haben 2004 zur Spaltung der «Fluglärmsolidarität» und zur Gründung der Konkurrenzorganisation Bürgerprotest Fluglärm Ost beigetragen. Mit der allgemein als chancenlos taxierten Initiative für eine noch stärkere Verteilung der Flugbewegungen steht die Organisation ein weiteres Mal mehr oder weniger alleine auf weiter Flur. Die Ablehnung des Vorhabens reicht bis weit ins flughafenkritische Lager und ins linke Spektrum der Zürcher Politik.

Die «Fairflug»-Initiative soll – so heisst es im Initiativtext – eine faire und ausgewogene Verteilung der Flugbewegungen erwirken. Dabei setzt man auf drei Instrumente: Erstens sollen die Starts künftig wenn immer möglich direkt in Richtung der Destination erfolgen. Das heisst, dass zum Beispiel die zur Schonung der Stadtzürcher Ohren geflogene Linkskurve nach Südstarts künftig wegfallen würde. Interessanterweise decken sich hier die Interessen der Initianten mit denjenigen von Unique und Swiss, die im SIL-Prozess jüngst die Möglichkeit direkter Südstarts zur Steigerung der Kapazität erwirkt haben.

Zweitens wollen die «Fairflug»-Vertreter den einzelnen Regionen lärmfreie Zeitfenster ermöglichen. Im Rotationsverfahren würden die Himmelsrichtungen vom Fluglärm verschont. Drittes Postulat ist eine Verteilung der Anflüge auf alle Pisten, mit Ausnahme des Westanflugs auf Piste 10. Anhand dieser beiden Forderungen zeigt sich, dass die Ziele der Initiative bereits weitgehend verwirklicht sind, wenn auch teilweise auf unfreiwilliger Basis. Aufgrund der einseitigen deutschen Verordnung werden bereits heute neben den Pisten 14 und 16 auch regelmässig die 34 und die 28 angeflogen. Die Piste 32 ist laut Fachleuten aus bewilligungstechnischen Gründen keine Option. Auch lärmfreie Zeitfenster sind bereits realisiert. Von Osten wird nur am Abend und bei Bise angeflogen, von Süden nur frühmorgens.

Rund um den Flughafen ist man sich einig, dass die Verteilung des Lärms schon heute zu grossflächig erfolgt, weshalb «Fairflug» auf fast geschlossene Ablehnung stösst. Der durchaus kritische Kantonsrat, der etwa ein Pistenbauverbot befürwortet, hat der Initiative mit 161 zu 4 Stimmen eine Abfuhr erteilt. Die Regierung schreibt in ihrem Beleuchtenden Bericht, dass die Verteilung zu einer Mehrbelastung in dichtbesiedelten Gebieten, namentlich im mittleren Glatttal und in den nördlichen Quartieren der Stadt Zürich, führen würde. Damit verstosse das Volksbegehren gegen europäisches und nationales Umweltrecht und sei weder fair noch ausgewogen. Auch sei die zeitliche Verteilung der Pistenbenützung während der deutschen Sperrzeiten aus Sicherheitsgründen nur zu einem kleinen Teil möglich.

Initianten gehen gegen Regierung vor

Das Initiativkomitee ist demgegenüber der Überzeugung, dass die Aussagen der Regierung nicht auf fundierten Untersuchungen beruhen. In einer Stimmrechtsbeschwerde von letzter Woche bezichtigt es den Regierungsrat, mit haltlosen Behauptungen in den Abstimmungskampf zu ziehen. Mit der Initiative wolle «Fluglärmsolidarität» eine «Lärmverdünnung» erreichen, so dass künftig im Einklang mit dem Bundesgesetz nur mehr ein Minimum an Menschen von Immissionen über den Grenzwerten betroffen wären.

NZZ, 23.08.2009


siehe auch:
Fairflug-Initiative hat keine Chance bei der SP Kanton Zürich (TA)
«Fairflug-Initiative» am 27. September an der Urne (NZZ)
Komitee gegen Fluglärmverteilung gegründet (ZOL)
Breit abgestütztes Komitee gegen Fairflug-Initiative (NZZ)
Fairflug-Initianten reichen Stimmrechtsbeschwerde ein (ZOL)
Zweifel am Sinn der «Fairflug»-Vorlage (ZOL)
Dem Nein-Komitee fehlt der Gegner (NZZ)
Verteilungsinitiative: NEIN (VFSN)