Das Ringen um das künftige An- und Abflugregime für den Flughafen Zürich geht in die nächste Phase: Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) hat den Entwurf des Schlussberichts mit drei Varianten vorgelegt. Die Variante mit den Pistenverlängerungen schneidet am besten ab.
bbu. Die drei Buchstaben «SIL» stehen für Pläne, die für Hunderttausende von Einwohnern des Kantons Zürich und der angrenzenden Gebiete höchst konkrete Folgen haben können. Der SIL-Prozess (Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt) ist das Planungs- und Koordinationsinstrument des Bundes für die zivile Luftfahrt in der Schweiz. Er ist die Grundlage für die gesamte Planung, die Bauten und den Betrieb eines Flugplatzes.
Nun geht dieser ebenso langwierige wie politisch hart umkämpfte Prozess im Falle des Flughafens Zürich in seine nächste Phase: Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) hat seinen provisorischen Schlussbericht veröffentlicht, der jetzt Kantonen und Gemeinden zur Stellungnahme unterbreitet wird.
Variante «J optimiert» mit den besten Werten
Im Juli 2008 hatte der Bund bereits entschieden, dass von ursprünglich 19 Varianten für die Entwicklung des Zürcher Flughafens noch deren 3 näher unter die Lupe genommen werden. Es sind dies:
- Variante E optimiert: Flugbetrieb wie vor den deutschen Beschränkungen (DVO), Landungen vor allem von Norden, Starts vor allem nach Westen.
- Variante E DVO: Flugbetrieb wie heute, aber mit gekröpftem Nordanflug. Landungen vor allem von Norden, Starts vor allem nach Westen. Während DVO-Sperrzeiten von 6 bis 7 Uhr gekröpfter Nordanflug, von 7 bis 9 Südanflug.
- Variante J optimiert: ohne Berücksichtigung der DVO, mit Pistenverlängerungen, phasenweise wechselnde Nord- und Ostanflüge, Starts phasenweise nach Süden und Westen.
Für alle diese Varianten liegen nun die Lärmberechnungen vor. Laut Bazl hat sich gezeigt, dass in allen drei Fällen etwa die gleiche Anzahl Starts und Landungen bewältigt werden könnte, nämlich rund 350’000 Bewegungen pro Jahr. Was den Lärm betrifft, soll die Zahl der davon betroffenen Personen aber bei der Variante «J optimiert» am geringsten sein: Während des Tages würden dabei 13’000 Personen durch Lärm über dem Grenzwert beschallt. Bei den Varianten «E» und «E DVO» sollen es dagegen rund 20’000 sein. Während der Nacht sind die Unterschiede betreffend Lärm zwischen den Varianten geringer: Je nachdem sind es zwischen 40’000 (Variante «J optimiert») und 43’000 Personen.
Südstarts bringen mehr Lärm
Als Option sind bei allen Varianten bei schlechter Sicht und starkem Nordwind Südanflüge auch ausserhalb der deutschen Sperrzeiten vorgesehen. Zudem wurden Starts nach Süden geradeaus geprüft. Laut Bazl haben die Berechnungen für diese Optionen ergeben, dass allein die Südstarts zu Spitzenzeiten spürbare Auswirkungen auf die Lärmkurven hätten. Ob deshalb künftig überhaupt Südstarts geradeaus und Südanflüge aus Wettergründen durchgeführt werden, ist nach Angaben des Bazl noch offen.
Definitiver Entscheid bis 2012
Die betroffenen Kantone, Bundesstellen und Gemeinden können nun zum Entwurf bis Ende Oktober Stellung nehmen. Vorgesehen ist, dass der Bundesrat die künftige definitive Betriebsvariante für den Flughafen Zürich im Jahr 2012 genehmigen wird. Mit eine Rolle spielen aber bis dahin noch eine Reihe weiterer Faktoren: Die drei Varianten dienen nämlich auch als Grundlage für die Gespräche mit Deutschland über die zukünftige Regelung der Anflüge über süddeutschen Raum. Deren Ausgang ist noch völlig offen. Und Mitte nächsten Jahres findet in Zürich ausserdem noch eine Volksabstimmung über ein generelles Pistenausbauverbot statt.
Der Flughafen Zürich selber wird nach Berechnungen einer vom Bund in Auftrag gegebenen Studie bereits im Jahr 2020 bei allen noch verbleibenden Varianten die prognostizierte Nachfrage nach Luftverkehr nicht mehr abwickeln können. Die Flughafenbetreiberin drängt darauf, dass dies im laufenden Konsultationsverfahren ebenfalls eine wichtige Rolle spielen muss.
siehe auch:
SIL-Prozess, provisorischer Schlussbericht (VFSN)
SIL-Prozess Flughafen Zürich: Schlussbericht geht in Konsultation (BAZL)
«Das ist ein Affront gegenüber der betroffenen Bevölkerung» (TA)
Regierung darf keine weiteren Südstarts dulden (TA)
Südstarts: skandalös (Leserbriefe ZSZ)